Stoned Golem

*-* ... und wir wissen, dass es keine Wunder gibt ... *-*

In the Grim Darkness of the Far Future There's Only Copyright!

Das Urheberrechht erreicht also jetzt die Dritte Dimension, wie Telepolis zu berichten weis? Ein erster Blick und kurzes Nachdenken zeigen, dass es bei Weitem nicht erst jetzt in der Welt der anfassbaren Gegenstände angekommen ist. Doch die Folgen, die 3D-Drucker und rapid prototyping auf unser Leben haben könnten, sind kaum abzusehen. Sicher erscheint aber, dass es für uns teurer werden wird, wenn sich nicht maßgeblich im Urheberrecht etwas ändert. Aber der Reihe nach.

Denkt mensch an geistiges Eigentum und Urheberrecht dann denkt wohl jeder und jede zuerst an die Musik- und Filmindustrie, die in den letzten Jahren mit überzogenen Abmahnung gegen ihre Konsumenten und öftmals auch gegen ihre Kunden vorgingen. Mit Abstand folgen dann die Verlage, deren Digitalisierungswelle gerade erst Fahrt aufnimmt. Dann kommt lange Zeit nichts mehr in der öffentlichen Wahrnehmung. Immer geht es Digitalisate, die sich verlustfrei und beliebig kopieren lassen, nie um anfassbare Objekte. Doch stille Wasser sind tief und die Zeiten ändern sich.

Urheberechtsstreitigkeiten für Objekte sind nicht wirklich neu: Mensch denke an Apple und Samsung, die sich regelmäßig wegen sogenannter Gebrauchsmuster streiten. Das Smartphone des einen sieht zu sehr nach dem Cell Phone des anderen aus und schon werden die Anwälte von der Leine gelassen, Vertriebsverbote erlassen und Schadensersatz gefordert. Kaum ein Tag vergeht, an dem sich nichts über derartige Vorgänge in den Zeitungen finden lässt. Dies sind die Art von Streitigkeiten, für die das Urheberrecht mal gemacht wurde: Zwei Firmen treffen aufeinander und feilschen um Wettbewerbsvorteile.

Dies änderte sich seit Napstar massiv: Nicht mehr der Mitbewerber war das Ziel der juristischen Scharmutzel, sondern der Konsument, der nicht mehr bereit war die Wucherpreise zu bezahlen, die damals vor allem die Musikindustrie forderte. Daraufhin griff der Kunde zur Selbsthilfe. Flankiert wurde dieses Unternehmen durch die flächendeckende Versorgung mit Digitalisaten, die erstmals die Preisidiotie der Majors offensichtlich werden lies.

Prompt wurde gejammert, illegale “Raubkopien” töten Musik — eine Kampagne, die wie “Home Taping is Killing Music” in den 80zigern den Niedergang der Musik zum apokalyptisches Szenario aufbauschte. Nüchtern betrachtet lässt sich aber feststellen: Weder die Einführung des Kassettenrekorders noch die Erfindung der MP3 haben die grossen Konzerne ruiniert! Beide führten lediglich dazu, dass Majors ihr Vertriebsmodell überdenken mussten, welches sich plötzlich als doch nicht naturgegeben herausstellte — obwohl die Majors bis heute der Meinung sind, es wäre so.

Dies sind alles mehr oder minder olle Kamellen und bieten kaum Neuigkeitswert. Kommen wir also zur Synthese der objekthaften und der digitalen Kopien und betrachten wir das Neue. Games Workshop Limited (GW) ist eine britische Spieleschmiede, die vor allem für ihre Tapletop-Spiele bekannt ist. Neben dem Fantasyspiel Warhammer haben sie noch das futuristische Warhammer 40k sowie das Lizenzspiel Herr der Ringe im Portfolie. Darüber hinaus haben sie im Backkatalog einige Klassiker, die sie hin und wieder mal limitiert neu auflegen (Blood Bowl, Space Hulk). Diese Firma war schon immer sehr bedacht auf ihr Urheberrecht, was unter anderem die Veröffentlichung eines nicht-kommerziellen Fanfilms verhinderte.

Das Feld der 3D Drucker ist schon lange eine Entwicklung, die GW den Schweiß auf die Stirn treibt. Ich habe mir sogar sagen lassen, es gäbe einige von GW unterhaltene Läden, in denen die lokalen Redshirts Gespräche über rapid prototyping energisch unterbinden. Als Redshirts werden die Mitarbeiter in den GW Läden bezeichnet; einerseits aus Hommage an Star Trek, andererseits auf Grund ihrer roten Berufskleidung. Gespräche über 3D Drucker werden übrigens unabhängig davon abgebrochen, ob diese im Zusammenhang mit GW Produkten stehen oder durch reine technologische Neugier motiviert sind.

Mit der ersten Abmahnung für 3D-Objekte, die jetzt durch GW verschickt wurde, verlagert sich der Kampf ums Urheberrecht von den Festplatten in die begreifbare Welt. Und auch wenn es nur nach einer Kleinigkeit aussieht und es nur um ein Spiel zu gehen scheint, so sind die Implikationen doch bedeutender. Was ist, wenn es irgendwann billiger sein sollte, sich eine Spezialschraube drucken zu lassen als diese im Laden zu kaufen? Oder die selbe Schraube im Laden aus einem Material gefertigt ist, das nicht die benötigte Stabilität aufweißt? Oder diese Schraube gar nicht mehr hergestellt wird? Was passiert, wenn diese Schraube noch urheberrechtlich geschützt ist? Wird dann mit der Druckrechnung gleich noch die Abmahnung rausgeschickt — inklusive Aufforderung, die Schraube zu zerstören, damit sie nicht widerrechtlich eingesetzt wird?

GW scheint den falschen Weg der Musik- und Filmindustrie gehen zu wollen. Anstatt die neue Technik aufzugreifen, wird sie bekämpft. GW könnte sich rapid prototyping zu Nutzen machen und mit dieser Technik individuelle Charaktermodelle anbieten, die für mehr Variationen auf dem Spielfeld sorgen würden. Oder Spezialteile anfertigen lassen, die Spieler und Spielerinnen schon immer verzweifelt gesucht, aus mangelnden Fähigkeiten aber nie modelliert bekommen haben.

Aber nö. Lieber draufhauen. Ist ja auch ein Kriegsspiel und kein Kindergeburtstag.

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