Stoned Golem

*-* ... und wir wissen, dass es keine Wunder gibt ... *-*

[Kritik] Ales Pikar: In Den Spiegeln Teil 2: Evelyn

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Kaum habe ich die Rezension zu Ales Pikars In den Spiegeln (1) Das Haus der Kraniche veröffentlicht, schreibt genau jener Autor mir eine liebe Karte und übersendet sie mit einem kleinen Präsent. Herzlichsten Dank für diese unerwartete Aufmerksamkeit! Zum Dank gibt es die zweite Rezension zu In den Spiegeln, der sich derart nahtlos  an Das Haus der Kraniche anschließt, dass ich zum ersten Mal in die Verlegenheit komme für die Zusammenfassung einen Spoiler setzten zu müssen.

Marek ist die Flucht nach Hamburg gelungen, wo er sich in einer Wohnung verschanzt und versucht, möglichst unauffällig zu Leben. Die Asiatinnen, die er aus dem Keller im Haus der Kraniche befreite, raubten ihm einen beträchtlichen Teil des Geldes aus dem Bahnhofschließfach und verschwanden. Doch Geldsorgen muss sich Marek nicht machen: Neigt sich sein Bargeldbestand dem Ende zu, füllt es sich wie von Geisterhand wieder auf.

In dieser Situation, ohne Ziel, Plan oder Hoffnung, lernt er Evelyn kennen und lieben. Das Glück ist aber nur von kurzer Dauer, denn ein Verrat wird beiden den Körper kosten.

Wie im ersten Teil lässt sich die Handlung nur schwer zusammenfassen, wenn nicht zu viele Hinweise auf das Ende gegeben werden sollen. Oder wenn nicht die Liebelei zwischen Evelyn und Marek, die die Geschichte dominiert, zu lang und breit erzählt werden soll. Die Liebesbeziehung zwischen den beiden war für meinen Geschmack ein wenig zu lang, auch wenn sie im Gesamtwerk der ersten drei Bände durchaus ihre Berechtigung hat. Nichtsdestotrotz sorgt dieser Abschnitt dafür, dass Evelyn nicht mein Lieblungsband der Reihe wird.

Anders sieht es dann im Ende aus, welches sich kongenial und ausgesprochen spannend gestaltet. Ich war heil froh, dass ich In den Spiegeln erst für mich entdeckt habe, als Teil 3 schon erhältlich war, weil man nach diesem Cliffhanger einfach weiterlesen musste. Der Leser erhält eine Ahnung, was mit Mareks Freund Manzio im Haus der Kraniche geschah und die letzten Zeilen lassen den Atem stocken. Ein bravuröses Ende, dem eine zähflüssige Liebesgeschichte vorhergeht.

Zwischen diesen Extremen pendelt sich meine Bewertung von Evelyn ein, so dass ich 7 von 10 Punkten für diesen Teil der Geschichte vergebe. Die Rezension zum dritten Teil, der den ersten Handlungsbogen abschließt, folgt demnächst.

Die Konditionen des Romans haben sich nicht verändert: Evelyn ist unter der cc-by-nc-nd veröffentlicht und kann kostenlos u.a. bei Beam eBooks heruntergeladen werden. Des Weiteren existiert eine gedruckte Auflage, die die ersten drei Teile von In den Spiegeln enthält.

Bookcrossing. or: How I Started to Spread the Words!

Wer mich kennt, weiß, dass ich mich nur schwer von etwas trenne und Altlasten gelegentlich länger mit mir rumschleppe als eigentlich gut für mich ist. Umzüge, großere Umräumaktionen sowie platzraubende Neuanschaffungen waren bisher immer ein guter Anlass, Platz in der Wohnung zu schaffen. Eine Gebauchsgegenstandsart konnte sich bisher erfolgreich gegen diese Art der Entsorgung zur Wehr setzten und konsumierte immer größere Flächen meine Wohnung: Bücher!

Genauer gesagt: Todbaumbücher, von denen ich mehr als genug habe und gegen die ich mich schon mit der Anschaffung eines eReaders zu verteidigen suchte, der mich bisher vor Raumeinbußen im doppelten Umfang der ersten vier Bände von A Song of Ice and Fire bewahrte — Tendenz kontinuierlich steigend! Jede zweite Buchneuanschaffung geht derzeit auf das Konto des eReaders, sofern für das Buch eine DRM-freie Version bei Beam eBooks vorhanden ist. Sollte dies nicht der Fall sein greife ich noch immer zur gedruckten Variante, weil ich mit diesen von einem wesentlichen Recht Gebrauch machen kann: Dem Tausch!

Vielleicht liegt es an meiner Ausbildung, die mir einen Bachelor in Neuerer Geschichte bescherte, dass ich ein Problem mit der Entsorgung von Büchern habe. Oder es liegt möglicherweise an der stillen Einsicht, dass die gedruckten Worte noch gebraucht werden könnten. Ich weiß es nicht. Jedenfalls schmeiße ich keine Bücher weg und spende sie auch nicht an Organisationen, von denen ich weiß, dass die Mehrheit der Spenden es nicht in die Wiederverwertung sondern lediglich in die Mülltonne schafft. Auch ist die Tatsache, nach der Abgabe kein Lebenszeichen vom Buch mehr zu erhalten, gleichbedeutend mit einer endgültigen Trennung eines Gefährten, mit dem man zumindest einen Teil des Lebensweges zusammen beschritten hat. Klingt pathetisch, ist es auch. Aber Bücher sind nunmal ein wichtiger Teil meiner Sozialisation und deswegen möchte ich sie auch mit entsprechenden Respekt behandelt sehen, auch wenn es die blödsten, trivialsten und eskapistischsten Romane der Welt sein mögen.

Irgendwo tief in mir glaubte ich immer mein Lebens eines Tages unter einen eingestürzten Bücherstapel zu beschließen. Das lesende Äquivalent zur verrückten Katzendame: Ein Mann im Schatten seiner Bücherberge. Nun, dieses Schicksal bliebt mir Gottlob erspart, da ich endlich einen Weg gefunden habe, mich von meinen Büchern zu trennen: Bookcrossing!

Die Idee ist simple wie genial: Auf der Website des Projektes werden die Bücher registriert und bekommen eine individuelle Nummer zugewiesen, eine sogenannte BCID, die möglichst im Buch vermerkt werden sollte. Die schnöde Nummer kann noch durch einen netten Text ergänzt werden, damit auch uneingeweihte Wissen, was die Zahlenfolge zu bedeuten hat. Im Anschluss kann das Buch freigelassen werden: Entweder in freier Wildbahn, weil man es beispielsweise im Bus “liegen lässt”, oder an speziellen Orten, die ein Regal zum anonymisierten Tausch bereitstellen. Diese Regale werde als Open BookCrossing Zones (OBCZ) bezeichnet und ich arbeite gerade nach Kräften daran, eine derartige OBCZ im AStA der TU Braunschweig zu installieren, bevor ich den Ort meiner Ausbildung endgültig verlasse.

Wie ihr euch sicherlich denken könnt hat die BCID eine über die Identifikation hinausgehende Bedeutung, denn unter dieser Nummer ist das Tagebuch__ des Büches erreichbar. Finder können hier eine Nachricht hinterlassen und der Weg des Buches lässt sich ein wenig verfolgen, wenn fleißig Einträge geschrieben werden. Journaleinträge können dabei anonym aufgegeben werden, was die Hürden zur Teilnahme senken sollte. Damit ist das Buch nicht einfach “weg”, sondern es sendet mit etwas Glück gelegentliche Lebenszeichen. Wer weiß, vielleicht sieht ja mal eines meiner ehemaligen Bücher mehr von dieser Welt als ich reisefauler Flachlanddeutscher… man weiß es nicht genau…

Mein Nick bei Bookcrossing.com ist, wie sollte es anders sein, stonedgolem. Aber auch hier werde ich in nächster Zeit hin und wieder drauf hinweisen, welche Bücher ich wo ausgesetzt habe. Vielleicht “liest” man sich auf diese Weise mal auf eine andere Art. Die ersten Bücher habe ich auch schon in freier Wildbahn ausgesetzt. Sofern sie noch nicht entwendet wurden befinden sich folgende Bücher in der OBCZ des Dialogs in Braunschweig. Folgende Titel habe ich freigelassen:

  • Wolfgang Hohlbein: Neues vom Hexer von Salem (3 Bände im Hardcover; lizenzierte Sonderausgabe)

  • Wolfgang und Heike Hohlbein: Spiegelzeit (Taschenbuch, Heyne)

  • L.J. Smith: Das Erwachen (Taschenbuch, Cora-Verlag)

  • Stephen King: Carrie (Taschenbuch, Heyne)

Sofern ich es schaffe die Bücher, die im Moment in Hamburg neben mir liegen, zu registrieren werden demnächst mehr Titel folgen, die ich in er Hansestadt verteilen werde. Happy Reading!

“Ich Werd’ Zu Alt Für Den Scheiß…”

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Spruch von Sergeant Roger Murtaugh aus der Lethal Weapon Filmreihe?! Je mehr Zeit vergeht, desto eher verstehe ich, was der von Danny Glover kongenial verkörperte Charakter damit eigentlich zu sagen bezweckt: Man wird zwar immer können, wenn man muss, aber will man das auch?

Nun, die letzten Wochen herrschte hier eine geisterstadtähnliche Funkstille — und die war auch bitter nötig. Die Hochzeit stand an und wurde durchgezogen (man beachte, ich trage jetzt einen wirklich coolen Namen) , dann wollte die Masterarbeit abgegeben und zuvor korrekturgelesen werden, jetzt heißt es verstärkt Wohnungssuche in Hamburg zu betreiben in der Hoffnung, baldigst eine zu finden. Meine Nerven liegen blank und ich denk mindestens zwei Mal am Tag an Murtaugh und stimme ihm aus tiefsten Herzen zu.

Aber ich will ja nicht jammern, denn Probleme und Herausforderungen machen das Leben erst lebenswert. Weswegen ich heute hier das Wort ergreife begründet sich eher darin, dass ich euch weitere Wortmeldungen androhen möchte. Neben den vielen neuen und unglaublich schönen Chaos-Miniaturen von Games Workshop, die die “Sturm der Vergeltung”-Box mit sich brachte, gibt es auch unglaublich viel zu berichten, welches hier bald seien Niederschlag finden wird.

Kurzum: Ich lebe noch und werde auch weiterhin mein Maul aufmachen. Und ich hab jetzt wieder Zeit dazu ;)

[Kritik] Ales Pickar: In Den Spiegeln Teil 1: Das Haus Der Kraniche

Ihr merkt, ich hatte in letzter Zeit viel Zeit zum Lesen. Weil mir langsam die Nerven blank liegen. Weil ich Nachts öfters mal wach liege. Und weil sich der Mensch ja mit irgendwas beschäftigen muss. Vor diesem Hintergrund freue ich mich besonders, heute einen kleinen Schatz der Creative Commons Kultur heben und präsentieren zu können: Ales Pickars Serie In den Spiegeln, welche ich bei meinem Lieblings-eBook-Händler Beam gefunden habe. Heute möchte ich euch also den ersten Teil vorstellen, den ich im ePUB-Format auf meinem Smartphone gelesen habe, weil ich Trottel meinen Sony Reader in Braunschweig vergessen habe.

Zur Handlung. Die Geschichte beginnt irgendwann in den 1990er Jahren. Jan Marek Kamen, der am liebsten Marek gerufen werden möchte, bewohnt eine winzige Wohnung in München, die kaum Platz genug für seine umfangreiche Comicsammlung lässt. Zusammen mit seinem besten und einzigen Freund Manzio genießt er den stoned Way of Life: Die cannabisgeschwängerten, teils philosophischen Gespräche der beiden sind die einzige Abwechslung, die Mareks bescheidendes Leben bereichern. Diese Beschaulichkeit ist ihm ganz recht, da er nicht der Meinung ist, das Leben hätte ihm viel zu bieten. Die Kindheit war für ihn eher mau, vor allem, da sein Vater ihn schnell für einen Versager zu halten begann und dieser seine Zukunftshoffnungen auf den kleinen Bruder projizierte. Zumindest bis dieser sein Schwulsein eingestand und damit ebenfalls in den Augen des Vaters zu einem weiteren Versagen wurde.

Und dann ist da noch diese dunkle Geheimnis, welches Marek aus den Katakomben Prags mitgebrachte. Jenes Geheimnis, das ihm Nachts Albträume schickte, die sich seltsam real anfühlen…

Eines Tages führt Manzio seinen Freund in die Keller ihres Wohnhauses, wo sie den Hausmeister beobachten, wie er sich an einer jungen Asiatin vergeht, die anscheinend dort unten gefangen gehalten wird. Marek ist anfangs von dem Plan, die Frau zu befreien, wenig begeistert, da es ihn zuviel Trubel in den ansonsten smoothen Alltag bringt, aber schließlich lässt er sich doch dazu überreden. Er begleitet den seltsamerweise schwer bewaffneten Manzio in den Keller. Kaum sind sie durch die merkwürdige Tür, die das Wohnhaus von etwas Anderem trennt, gegangen verändert sich Mareks Leben schlagartig, denn was an jenem geheimnisvollen Ort vorfinden ist nur die Spitze einer Wahrheit, die er niemals hören wollte.

Auf den ersten Teil von In den Spiegeln wurde ich kurz nach der Anschaffung meines Sony Readers aufmerksam: Laut Beam habe ich das Buch 10.11.11 “erstanden”, also einen Tag nach dem Gerät. Wobei erstanden das falsche Wort ist für ein Werk, welches Gratis zum download bereit steht. Der Klappentext klang okay, aber auch nicht sonderlich berauschend, weswegen erstmal andere Werke meinen Fokus auf sich zogen. Unter ihnen beispielsweise George R. R. Martins A Song of Ice and Fire, mit dem man viiieellll Zeit verbringen kann.

Vor allem die Fokussierung auf die beiden Kiffer im Klappentext ließ mich alles mögliche erwarten — von banaler Drogenstory bis hin zu einem schillernden Trip a la Illuminatus. Meine Erwartungshaltung schwankte von “ist möglicherweise total blöd” bis zu “echt krass, voll genial”, was dafür sorgte, dass ich Das Haus der Kranich__e erst anfing zu lesen, als ich nichts anderes mehr zum Lesen hatte. Eine Fehleinschätzung meinerseits zum Umfang von Sebastian Fitzeks Der Augensammler gepaart mit nicht einkalkulierten Stunden der Schlaflosigkeit führten mich zu dem Punkt ohne Bücher zum Weiterlesen. Also Handy raus, bei Beam was runtergeladen und los geht’s.

Nach der Lektüre kann ich sagen, dass kein Klappentext, auch nicht meiner, dem Inhalt gerecht wird, was an der Aufteilung des Buches liegt. Die erste Hälfte geht sehr stark auf den Hintergrund, die Herkunft und die Lebensweise von Jan Marek ein, wohingegen im zweiten Teil das Inferno seinen Anfang nimmt und die Geschichte massiv an Fahrt gewinnt. Leider lässt sich nur schwer auf diesen Teil der Geschichte eingehen, wenn Spoiler vermieden werden sollen. Was bleibt sind dann nur zwei kiffende und philosophierende Freunde, von denen einer ein Geheimnis mit sich rumschleppt und die beobachtete Vergewaltigung, von der zu berichten ist. Aber Das Haus der Kraniche ist eindeutig mehr. Viel mehr. Und am Ende dieses ersten Bands hat mein eine leise Ahnung, welche gigantische Geschichte da auf einen zurollt.

Diese Zweiteilung schlägt sich auch im Lesevergnügen nieder. Die erste Hälfte ist ruhig und durchaus informativ, kommt aber nicht so recht in Fahrt. In dieser beschaulichen Einführung ist zwar schon die eloquente Sprache Ales Pickars ersichtlich, aber die allein würde nicht ausreichen 1000 Seiten der Kifferphantasien von Manzio und Marek zu ertragen. Diese Ruhe wird harsch durch die Ereignisse im zweiten Teil unterbrochen, die mich das Buch nicht mehr aus der Hand legen ließen. Ich mag Mysterygeschichten, bei denen ich mich an jeder Ecke frage, was zum Teufel hier eigentlich los ist. Dieser magische Moment, an dem jede Erklärung noch richtig sein könnte und die Bedrohung noch nicht konkret ist. Auch der zweite Hälfte von Das Haus der Kraniche lebt von dieser Ungewissheit, die einen in Staunen versetzt ob der Geheimnisse, die es noch zu ergründet gilt.

Den Umfang bei eBooks zu bewerten, ist nicht immer leicht, da jedes Gerät die Seiten anders bricht und anzeigt. Auch die Dateigröße ist ein schlechter Vergleichswert, da eingebettete Bilder mehr Speicher verbrauchen als plain ASCII. Von der Lesedauer her würde ich sagen, dass des Haus der Kraniche ungefähr die Länge eines Perry Rhodan Heftes hat bzw. leicht darüber liegt. Die ersten drei Teile von In den Spiegeln, die es inzwischen auch als gedrucktes Buch zu kaufen gibt (man suche bei Amazon nach Ales Pikar und werde fündig. Kostenpunkt: 14,99 Euro), sollten dann einen durchschnittlichen 400 Seiten Roman ergeben. Und das, wie ich nicht müde werden kann zu wiederholen, für lau und unter eine Creative Commons Lizenz. Zwar ist es die restriktivste (by-nc-nd), aber hey, da hat zumindest jemand nicht nur Mut, es mit der cc zu versuchen sondern darüber hinaus auch das Talent, gelesen zu werden. Keine so häufige Kombination!

Kurzum: Ein guter Einstieg eines Autoren, der keine Massenware schreibt, denn dafür ist die Sprache zu elaboriert, als dass mir eine Veröffentlichung bei Bastei oder ähnliches angemessen erscheint. Allerdings muss man sich als Leser auch durch die erste Hälfte arbeiten, damit die Geschichte volle Fahrt aufnimmt. Ist dieser Punkt aber erreicht, ist man froh, dass Teil 2, 3 und 4 von In den Spiegeln schon erhältlich sind. Für mich steht fest, dass ich die Serie weiterlesen werde und euch vom Fortgang auf den Laufenden halten werde.

Auf der berühmten Skala von 1 bis 10 bekommt dieser Teil eine ordentliche und wohlverdiente  8, da Das Haus der Kraniche nicht ganz so durchgängig den Spannungsbogen wie der Augensammler hält.

Das eBook kann hier kostenlos geordert werden. Darüber hinaus ist es auch bei Amazon für den Kindle erhältlich und ich kann mir vorstellen, dass auch andere eBook-Händler es in ihren Katalog aufgenommen haben. Bei Beam ist es aber im Gegensatz zu Amazon DRM-frei, was mir persönlich ausgesprochen wichtig und das ausschlagende Argument gegen den Kindle war!

[Kritik] Sebastian Fitzek: Der Augensammler

Sebastian Fitzek lässt sich beinahe als Michael Bay oder John McTiernan der deutschen Krimiszene umschreiben, auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt: Seine Bücher sind durchdachter und sinniger als die Hollywoodschen Blockbuster. Was die beiden verbindet sind die schnellen Schnitte und das rasende Erzähltempo, das den Leser unweigerlich an die Story fesselt. Der Unterschied liegt in den Plots begründet: Fitzek versteht es, intelligente Wendungen einzubauen, die durchaus in der Lage sind zu überraschen. Dies war schon in seinem Erstlingswerk Die Therapie der Fall; und auch sein sechster Roman Der Augensammler steht dem in nichts nach.

Die Handlung: In Berlin wird eine perverse Abwandlung des ältesten Kinderspiels der Welt gespielt: Verstecken. Zuerst tötet der Mörder die Mütter, dann entführt er die Kinder und lässt schließlich den Vätern 45 Stunden Zeit, ihre Sprösslinge zu finden. Sollten die Entführten nicht innerhalb der Zeitvorgabe lebend gefunden werden, so werden es nach Ablauf des Ultimatums ihre Leichen. Keine Anzeichen sexuellen Missbrauchs, aber jedem der Kinder wurde das linke Auge entfernt, wodurch der Mörder zu seinem Spitznamen kam: Der Augensammler.

Alexander Zorbach ist Journalist, Ex-Polizist und Hauptcharakter der Romanhandlung. Die Connections durch seinen früheren Job erleichtern ihm die Berichterstattung über den Mordserie, da er oft Informationen vor anderen Journalisten erhält. Über Polizeifunk erfährt er vom vierten Tatort des Augensammlers, den er prompt aufsucht. Dort angekommen verdächtigen ihn seine alten Kollegen plötzlich, denn angeblich wäre nichts über Funk bekanntgegeben wurden. Auch die Tatsache, dass seine Brieftasche am Tatort gefunden wird lässt an seiner Unschuld Zweifel aufkommen, weswegen Zorbach beschließt, zum Nachdenken unterzutauchen. Aber anstatt Einsamkeit erwartet ihm die blinde Alina in seinem Versteck, die er angeblich zu sich bestellt hätte — und die ihm erklärt, sie hätte durch die Augen des Augensammlers die Morde gesehen. Schnell zeichnet sich ab, dass Alinas Gabe mehr zu sein scheint als eine wichtigtuerische Einbildung. Denn die Informationen, die sie Zorbach gibt, stellen sich auf Nachfrage bei seinen alten Kollegen als richtig heraus — und machen Zorbach zum Hauptverdächtigen, da er über Täterwissen verfügt, welches er nicht haben sollte.

Eine Besonderheit des Buches ist die Seitennummerierung und die Kapitelzählung: das Buch beginnt mit dem Epilog auf Seite 439 und zählt sich dann 84. Kapitel rückwärts durch die Handlung. Die Gestaltung korreliert mit dem Inhalt, was dem Leser aber erst auf den letzen Seiten bewusst wird, weil dann wirklich erkennbar ist, warum genau diese ungewöhnliche Zählweise für diesen Roman die Richtige ist. Zum Lesen empfand ich die umgekehrte Seitennummerierung sogar als ausgesprochen angenehm, da mit einem Blick ersichtlich war, wieviel von dieser Spannung noch übrig blieb und wann mit dem erlösenden Ende zu rechnen wäre.

Neben dieser gestalterischen Besonderheit ist auch der Moloch Berlin eine gute Wahl für die Kulisse. Da treibt in dieser Millionenstadt ein Psychopath sein Unwesen, was in jeder Kleinstadt für atmenlose Anspannung sorgen würde, da jeder das Gefühl hätte der Nächste zu sein — aber Berlin lebt einfach weiter vor sich hin. Lediglich das Leben der betroffenen Opfer und Angehörigen sowie der ermittelnden Beamten wird tangiert, während der Rest sich an den Sensationen der spektakulären Mordserie erfreut als wäre es ein neuer Teil von Stirb Langsam. Dies wird zwar an keiner Stelle des Romans wörtlich benannt, aber es schwingt die ganze Zeit mit. Zumindest auf mich wirkte das leicht unheimlich, als ich mir dessen bewusst wurde.

Die Charaktere sind routiniert ausgearbeitet. Sowohl Zorbach als auch Alina haben ihr Päckchen zu tragen. Beide sind eher gebrochene Charaktere mit interessanten Hintergrundgeschichten, welche gut ihre Motivationen in den entsprechenden Szenen erklären. Besonders herausstechend empfand ich aber den Augensammler, dessen Hintergrund mir sehr gefallen hat: Das “Spiel” und die Art, wie es abläuft, ist nicht einfach nur ein effekthascherisches Mittel zum Zweck, sondern es hat eine eigene, plausible Geschichte, die in der Vergangenheit des Mörders wurzelt.

Auch die “Mystery”-Elemente (der angeblich nicht erteilte Polizeifunk, der Zorbach an den vierten Tatort führt; die Brieftasche, die an eben diesem Tatort gefunden wird; Alina, die angeblich von Zorbach in sein Versteck bestellt wurde) wissen zu gefallen. Sie erinnern mich ein wenig an die erste Staffel von Dexter, die ich gerade wegen ihres leicht übernatürlichen Charakters besonders schätze. Und wie die Autoren der Fernsehserie schafft es Fitzek hierfür eine glaubhafte und sinnige Erklärung zu liefern.

Unterm Strich bleibt ein spannender Roman, den man ungern aus der Hand legt und am Liebsten am Stück lesen würde, sofern man dazu die Zeit hat. Fitzek schreibt Spannungsgeladene und intelligente Psychothriller und schafft es, den Leser auf’s Glatteis zu führen. Bewusst lässt er Figuren aus Der Therapie auftreten und rote Heringe auslegen um dann mit einem großen Feuerwerk eine runde Geschichte abzuschließen, die verdammt Lust auf eine Fortsetzung machte. Diese ist inzwischen unter dem Titel Der Augenjäger erschienen und wird sicherlich bald den Weg in mein Bücherregal finden.

Auf einer Skale von 1 bis 10 vergebe ich für diesen Roman eine gute 9.

Humble Bundle for Android 3 Jetzt Erhältlich

Die berühmten zwei Wochen laufen wieder: Ein neues Humble Bundle ist verfügbar und kann über die gewohnte Website erworben werden. Die Konditionen haben sich nicht geändert und sollten in der Zwischenzeit bekannt sein: Zahl soviel zu willst, kein DRM dich zu gängeln, Spiele für Android, Linux, Windows und OSX und es lässt sich noch etwas Gutes in Form einer kleinen Spende für die Electronic Frontier Foundation und Child’s Play bewirken.

Zum Umfang der Erstausstattung gehört diesmal:

Im Vergleich zu den großen Bundles (ohne irgendwelche Namenszusätze wie “for Android”) sind fünf Titel nicht unbedingt die größte anzunehmende Menge — vor allem, wenn man bedenkt, dass mit SpaceChem und Uplink von Beginn an zwei Spiele enthalten sind, die zuvor schon einmal Teil eines Bundles waren. Für Bestandskunden ist also nur die Hälfte der Spiele interessant, allen anderen jedoch kann ich nur uneingeschränkt zum Kauf raten, weil gerade die beiden Games mich bisher am längsten an den Rechner gefesselt haben. Wenn ich noch Zeit finde, werde ich demnächst ein paar Rezensionen schreiben und euch SpaceChem und Uplink näher vorstellen. Vielleicht schaff ich es sogar noch, während das Bundle erhältlich ist.

Kleine Gefahren Des Alltags

Wir leben in einer Welt, in der uns Politiker weiß machen wollen, wir könnten unser Atomproblem in den Griff bekommen und wir würden schon ein Endlager finden. Man muss sich das nur mal vorstellen: Da wird ein Ort gesucht, für den wir über mehrere Tausend Jahre garantieren können, dass sich dort kein Unfall ereignet! Wir reden hier über eine schier unvorstellbare Zeitspanne. Nimmt man nur die 2000 Jahre Christentum als Vergleichsbasis an und überlegt man, was insbesondere im Mittelalter (teils bewusst) vergessen wurde, dann läuft es zumindest mir ob der Arroganz der unserer Politiker, diese Zeiträume im Griff haben zu wollen, kalt den Rücken runter.

Im Zuge dieses Egoismus nehmen wir die nachfolgenden Generation bis ins was-weiß-ich-wievielte Glied in Sippenhaft, da auch sie noch die Zeche für unseren Energiehunger zahlen dürfen. Aber, wir sind nicht nur Papst, sondern auch Supermann: Wir schaffen das schon.

Dabei schaffen wir es nicht mal kurzfristigere Zeiträume wirklich zu überbrücken. Wie oft haben wir schon gehört, dass etwas ungefährlich und unbedenklich wäre, was sich dann aber doch als schädlich herausgestellt hat? Ich könnte an dieser Stelle zynisch werden und darauf verweisen, dass in Zeiten des schnellen Profites, welcher als einziger Wert diese Gesellschaft antreibt, das individuelle Leben zur Bedeutungslosigkeit verkommt, solange noch zahlende Zombies vorhanden sind, die genug Profit abwerfen. Ob einer mehr oder weniger — was macht’s bei der anvisierten Summe?

Vor gut einem Jahr stellte Greenpeace also heraus, dass Kassenbons giftig seien, weil die Weichmacher Bisphenol A (BPA) und Bisphenol S (BPS) für ihre Erstellung verwendet werden. Bei derartigen Verunreinigungen ist Öffentlichkeit immer ein gutes Mittel Druck auf die Firmen auszuüben, damit der (billige) schädliche Stoff durch einen (teureren) weniger schädlichen Stoff ersetzt wird. Gleichzeitig wird aber auch offenbar, wie hilflos und abhängig wir von den Großhandelsketten geworden sind, die teilweise zu glauben scheinen, sie könnten alles mit uns machen, weil es die Mehrheit der Menschen eh nicht interessiert. Wie Recht sie damit haben zeigen sicherlich die Beispiele Edeka und Kaiser’s, die ungeachtet der Kritik weiterhin BPA und BPS einsetzten, wie Greenpeace berichtet. Ich glaube nicht, dass sie größere Umsatzverluste zu erwarten haben, die sie zum Überdenken ihrer Strategie anregen könnten, auch wenn es gelinde gesagt eine Schweinerei ist, sich gegenüber den Mitbewerber einen Marktvorteil durch den Einsatz billigerer, aber giftiger Stoffe zu erschleichen und dabei mit der Gesundheit der Kunden zu spielen.

Abseits dieser Marktunlogik zeigt das Beispiel aber deutlich, wie sehr wir uns von den Dingen, mit denen wir täglich zu tun haben, entfremdet haben. Niemand kann mehr sagen, was “da eigentlich drin ist”; die wenigstens Menschen auf diesen Planeten werden alle Inhaltstoffangaben der durchschnittlichen Maggie-Suppe verstehen, bewerten und einschätzen können. Die Liste der Stoffe, die in Verdacht zu irgendwas stehen, ist verdammt lang; von kaum einen Stoff wissen wir genau, was er macht. Vieles erscheint wie Raten und Hellsehen — aber wir haben mit diesen Stoffen jeden Tag auf’s neue zu tun, obwohl wir ihre Risiken allerhöchstens ab_schätzen_ können, was eine nette Umschreibung für “nicht wissen” ist. Wie soll das also erst mit dem Atommüll werden?!

Geh’ in Die City Und Lass Deinen Drachen Steigen…

Es passiert selten, dass ich mein Handy zücke und Bilder mache, wenn ich meine Camera daheim vergessen habe. Das Motiv muss mich wirklich überraschen und in mir muss das Gefühl wecken, nur eine einzige Chance zu haben, diese Bild aufzunehmen. Am Wochenende ergab sich so eine Situation auf dem Hamburger Rathausplatz, wo so eine Art traditionell-chinesischer Markt seine Pforten eröffnet hatte. Was genau da los war, weiß ich nicht; wir sind nur zufällig vorbeigekommen und wurden von diesen gewaltigen Drachen angelockt.

Okay, das war gelogen. Weil die Drachen im Tiefflug ihre Kreise über die Köpfe der Besucher zogen waren es doch die roten Zeltdächer, die unsere Aufmerksamkeit auf den Trubel lenkten.

Uninformiert wie wir waren — wollten wir doch schließlich nur ein wenig Zeit totschlagen bis Dark Knight Rises beginnt — konnten wir ja nicht ahnen, welches Spektakel sich uns da offenbaren sollte.

Chinesische Flugdrachen sind, wie man sieht, überhaupt nicht mit den hier geläufigen Kites (um das Wort Drache mal zu  vermeiden) vergleichbar. Während die hiesigen Geräte eher funktional sind, sind diese hier eine Kunstform für sich.

Ich muss ja gestehen, dass ich provinzielles Landei zum ersten Mal in meinem Leben derartige Flugdrachen live zu sehen bekommen habe. Was mich dabei wirklich überraschte waren die Preise, die ich als einigermaßen Human empfand. Sicher, die Qualität wird auf derartigen Märkten nicht die beste sein und die Drachen werden sich im Internet sicherlich günstiger finden lassen, aber 25 Euro für ein reguläres und 50 Euro für ein besonderes Modell fand ich zwar nicht billig, aber auch nicht überteuert.

Zum Abschluss noch das Tor, durch das wir den Markt verlassen haben.

Kleines Informationsupdate

Ich lebe noch, ich schreibe noch, ich denke noch — aber ich habe gerade einfach keine Zeit für meinen Blog, auch wenn es mir sehr leid tut. Meine Masterarbeit nähert sich dem Ende. Nur noch etwas über einen Monat, dann ist mein Abgebetermin. Zweidrittel der Seiten, die ich maximal Schreiben darf, habe ich jetzt schon zusammen und die letzten Punkte, die noch offen sind und bearbeitet werden müssen, sind endgültig ausgemacht und festgelegt. Ich denke, ich werde den Hauptteil des Textkorpus bis Ende diese Woche fertig haben, um dann in die Korrektur zu gehen. Aus diesem Grund verbringe ich viel Zeit hinter dem Rechner, schreibe an guten Tagen bis zu 13 Seiten und an schlechten vier.

Abends bin ich dann einfach fertig und komme zu nichts mehr. Meine Kreativität ist ausgesaugt und hinterlässt einen leeren Kopf. Der Vorteil: Wenn ich wieder Zeit habe, kann ich tolle neue Sachen zum Prokrastinieren empfehlen. Bis dahin werde ich mich aber zwangsweise bedeckt halten müssen.

Bis die Tage, also! Und immer dran denken, den Kopf hoch zu halten!

Out Now: The Humble Music Bundle!

Ich hab mich schon gefragt gehabt, ob es nicht mal wieder Zeit für ein neues Lebenszeichen der Humble-Jungs wäre und prompt entdecke ich einen schon lieb gewonnenen Emailbetreff: “Introducing the Humble Music Bundle!

Wait. What? Music?

Yep. Das Humble Bundle hat sich aus meiner Sicht zu einem sehr mutigen Schritt entschieden und bietet ein Bundle an, dass nur aus Musik besteht. Damit ist es das zweite mir bekannte Bundle, das auf diese Art versucht Musik zu vertreiben. Das Indie Allstar Bundle umfasste 10 Alben plus 5 Zugaben, wenn man mehr als der Durchschnitt bezahlte. Alle Künstler waren der Indieszene zuzurechnen und wenig bekannt, was ja auch der Sinn eines Indie-Bundles sein sollte, geht es doch auch darum, Aufmerksamkeit zu schaffen und Bekanntheit zu steigern. Die stilistische Breite war beachtlich und für jeden Musikgeschmack sollte etwas dabei gewesen sein, wenn man von Klassik absieht. Leider verkaufte sich das Bundle in 14 Tagen aber weniger als 700 mal.

Statt auf geballte Indie-Power setzen die Humble-Jungs auf Bekanntheit. Vertreten sind They Might be Giants, MC Frontalot, Christopher TinHitoshi Sakimoto, Jonathan Coulton sowie OK GO, wenn man mehr als der Durchschnitt bezahlt. Grafisch aufgereiht sieht dass dann so aus:

Den meisten der Namen bin ich im Laufe der Zeit schon mal über den Weg gelaufen. Oder ich kannte ihre Musik. Sakimoto beispielsweise hat die Musik zu einigen Final Fantasy Teilen komponiert und Johnathan Coulton gilt in Amerika als der Nerd-Liedermacher, wenn ich das richtig mitbekommen habe. MC Frontalot gehört zu den Begründern des Nerdcore und ist folglich auch kein Unbekannter. They Might Be Giants kannte ich nur vom Namen her, ohne damit etwas assozieren zu können. Und OK GO waren mir vollkommen unbekannt.

Wer mitgezählt hat, bemerkt, dass ich einen ausgelassen habe: Christopher Tin. Der Name sagte mir nichts, dafür aber seine Musik, denn er hat das Titellied für Civ VI komponiert! Christopher Tin ist zweifacher Grammy-Preisträger und die einzige Person bisher, die einen Grammy für Videospielmusik bekommen hat. War mir vorher auch nicht bekannt…

Im Gegensatz zum Indie Allstar Bundle wird das Angebot angenommen. Innerhalb von 24 Stunden ist es über 23000 mal über den Ladentisch gegangen, was nicht schlecht in Post-Napstar-Zeiten ist. Meiner Einschätzung nach wird das Bundle sich dennoch eher im mäßigen unteren Mittelfeld einordnen, da für viele Musik sicherlich weniger interessant ist als Spiele. Das sollte aber niemanden davon abhalten, sich das Bundle dennoch zuzulegen. Es lohnt sich!

Die Rahmenbedingen sind ähnlich wie sonst beim Humble Bundle: Crossplattform (haha), DRM-free, pay what you want, helps charity. Die Musik lässt sich als MP3 und FLAC runterladen. Bezahlt werden kann mit PayPal, Google Checkout und Amazon Payments.

Fragt sich nur, wann das erste Indie SciFi and Fantasy EBook Bundle kommt :)