Stoned Golem

*-* ... und wir wissen, dass es keine Wunder gibt ... *-*

Plagiate So Weit Der Verstand Reicht

Die Wahl im Lande der Bauern und Schafe ist zwar vorbei, aber ein Detail der Berichterstattung habe ich dennoch mitzuteilen: Die PIRATEN haben die Inhaltsleere der etablierten Parteien aufgegriffen und sind mit Plagiaten anstatt Wahlkampfprogrammzitaten in den Wettstreit um die Gunst der Wähler*innen eingetreten. Folgerichtig bescheinigten sich diese “Ideenkopierer” selbst, die “zarteste Versuchung seid es Parteien gibt” zu sein.

Dem ironiefreien Niedersachsen war das wohl zu hoch, wie sich leider unschwer an den Wahlergebnissen ablesen lässt. Andererseits hat das Land zwischen Harz und Heide mehr zu bieten als weite Felder, Gülle und Nutztierhaltung: An dieser Stelle sei an Oliver Kalkhofe und Dietmar Wischmeyer erinnert. Wischmeyer hat sogar für das ZDF dieses Bundesland südlich der Elbe liebevoll und treffend porträtiert

Aber zurück zu den PIRATEN. So wenig ihre Wahlwerbung von vielen nicht verstanden wurde umso mehr wurde sie dagegen von einigen geliebt. Denn nach einem Bericht der taz vom 8. Januar (der mir leider nur als Totbaumvariante vorliegt) waren die Plakate der PIRATEN das beliebteste Diebesgut der Landtagswahl! Zumindest in Braunschweig, Stadt meiner Jugend, wurden ungewöhnlich viele Plakate das Opfer widerrechtlicher Aneignung, wie es im Beamtendeutsch so schön heißt. Ich komme nicht umhin auf die feine Ironie in diesem Zusammenspiel von Kopie und Diebstahl hinzuweisen, die in dieser Nachricht mitschwingt.

Oder war hier vielleicht doch der Schwarm mit seiner ureigenen und eigenbrötlerischen Intelligenz zu Gange, der mit der Aktion auf die mangelnde Eigenleistung der Kampagne hindeuten wollte? Immerhin hat dieser janusköpfige Ankläger schon so illustre Namen wie KT von CDU-Guttenberg, Silvana Koch-FDP und CSU-Stoibertochter Vroini Saß zu Fall gebracht. Ungeachtet von Name, Partei, Position und Titel schaut der Schwarm rein auf den wissenschaftlichen Leumund (und die eidesstattliche Erklärung, die jeder Abschlussarbeit angehängt sein muss), womit die Personen einzig anhand ihrer Leistung gemessen werden, deren Erbringung sie versichert haben. Kann in dieser klinischen Sterilität also letztendlich Gerechtigkeit herrschen?

Über diesen ethischen Diskurs mag ich mir momentan keinen Kopf machen, aber die Worte klangen so schön. Auch kann ich nur schwerlich den Spott und Hohn verbergen, der in der Überlegung mitschwingt, dass an diesem Punkt Politiker mal beim Wort genommen und das Einhalten ihrer Versprechungen überprüft wurde. Daran sind die ja bei Weitem nicht gewöhnt, woher sollten die also auch wissen, dass eine falsche Angabe auch K__onsequenzen haben könnte!

Ich habe ja an anderer Stelle schon einmal berichtet, dass auch unsere CDU-Bundesbildungsministerin Schavan unter Plagiatsverdacht geraten ist. Nun hat just gestern die Alma Mata der Ministerin das Verfahren zur eventuellen Aberkennung des Doktorentitels eröffnet. Über den Schaden, den das Verfahren über das Bildungsministerium bringen wird, lässt sich nur spekulieren. Die Stimmen nach Rücktritt dürften aber zunehmen, unabhängig von dem Ergebnis der Universität, welches wohl nicht allzu schnell erwartet werden darf. Es bleibt also spannend.

Niedersachsen Und Die Wahl…

Das Bundesland, in dem ich bis vor wenigen Monaten noch zu wohnen pflegte, hat gewählt. Gekonnt und mit bäuerlichem Sturkopf haben die dortigen Wähler die Spannung des sonntäglichen Tatorts noch bis Mitternacht aufrechterhalten – und dann ein Ergebnis präsentiert, das sich bisher von mir nicht so recht einschätzen lassen will.

Einerseits ist es positiv zu werten, dass Studiengebühren in Niedersachsen bald der Vergangenheit angehören werden. An diesem Punkt gibt es für mich keinen Grund an den Wahlversprechen von SPD und GRÜNEN zu zweifeln. Zwischen Harz und Nordsee werden bald also nur noch Kartoffeln und Aale meistbietend verschachert anstatt Bildungs- und Zukunftschancen. Denn dass die Campusmaut mehr Exzellenz und eine bessere Lehre im Land der Schafzucht bedingt mögen sich CDU-Ministerinnen zwar herbei phantasieren, ich als Bildungsteilnehmer habe davon allerdings nichts bemerkt.

Weniger Erfreuliches lässt sich dagegen mit den Worten FDP, PIRATEN und LINKE verbinden.

Das Gemauschel mit der CDU und der viel zitierten Leihstimme hat dem Landesverband der FDP zwar vorerst den Arsch gerettet, verlängert aber nur unnötig ihr sterben. Denn die Partei hat nachweislich keine neuen WählerInnen überzeugt! Vielmehr machten CDU-WählerInnen aus reiner strategischer Überlegung heraus ihr Kreuzchen bei den Liberalen. Auf lange Sicht wird das zu wenig Substanz für eine Partei sein, da die Angst vor rot/grün eine inhaltliche Ausrichtung und Programmatik auf Dauer nicht  ersetzen kann. Nach der Niedersachsen-Wahl werden wir also weiterhin von einer sozialpolitische amoklaufenden FDP gegeißelt, die wir gestern schon zu Grabe hätten tragen können. So aber geht der untoten Albtraum noch ein wenig weiter. “Die Legislatur der regierenden Leichen V”, wenn man so will. Kein Wunder, dass es in der langweiligen Landeshauptstadt so riecht, wie es eben nur in Hannover müffelt!

Denn frisches Blut hielt keinen Einzug ins Schloss an der Leine. Sowohl LINKE als auch PIRATEN scheitern meiner Meinung nach unverdienter Weise an der 5-Prozent-Hürde. Eine zweite Legislaturperiode hätte der LINKEN gut gestanden, die in meinen Augen eine solide Oppositionsarbeit geleistet hat, die nun Fehlen wird. Und auch die PIRATEN hätten mit ein paar Prozent ins Parlament gehört: Nicht, weil sie inhaltlich besonders toll aufgestellt gewesen wären oder mit politischer Brillanz gepunktet hätten, sondern weil sie in der Opposition ein wenig politische Profession hätten lernen können. Woher sollte die auch sonst kommen, wenn nicht durch die praktische Arbeit?

Man kann von den PIRATEN halten, was man will, aber wie einst die GRÜNEN haben sie dem politische Leben neue Impulse gegeben und vor allem jüngere Bevölkerungsschichten angesprochen, die für SPD-Ortsvereine und CDU-Kaffeeklatsch weder Verständnis noch Bedarf haben. Als junge Partei haben die PIRATEN sowohl das Recht Fehler zu machen als auch zu lernen. In Niedersachsen ist diese Chance aber erstmal nicht gegeben. Und das finde ich irgendwie schade. Andererseits ist eine verlorene Wahl auch nicht gleichzusetzen mit dem Kentern auf hoher See, bei dem die gesamte Crew ihr nasses Grab findet. Die nächste Wahl kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Kleiner Spoiler: Schon 2017 müsste es in Niedersachsen wieder soweit sein. Und bis dahin kann man aus dieser Niederlage noch vielleicht wertvolle Lektionen ziehen.

Und so bleibt meine Meinung zur Wahl auch weiterhin zwiegespalten: Einerseits stellt das absehbare Ende der Campusmaut eine entscheidende Verbesserung für die Jugend in Niedersachsen dar, andererseits verknöchert das Parlament erneut und fällt zurück in die Vier-Parteien-Sitzverteilung. Und die ist ja wohl voll 90ziger. Andererseits: Wieso sollte gerade ein Bauernstaat modern und vorwärtsgewandt wählen?

Frohes Neues Jahr Und Schöne Neue Welt

Allen Freunden, Lesern*innen und Interessierten wünsche ich ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, ihr habt die Feiertage gut überstanden und seht frohen Mutes auf die Tage, die da kommen werden. Auf das 2013 ein gutes Jahr wird.

An Vorsätzen fürs neue Jahr mangelt es nicht: Mehr Joggen (mit freundlicher Unterstützung von Zombies, Run!), mehr bloggen (dank mobiler Internetverbindung, SwiftKey, Tablett und Handy) und endlich die Promotion in Angriff nehmen. Wenn die Tage schöner und vor allem heller werden, dann wird es auch wieder neue Straßenkunstfotos geben – meine neue Heimat hat doch ein wenig zu bieten, was ich euch nicht vorenthalten möchte.

Soviel zum erfreulichen Teil. Weniger erfreulich ist der Ärger, den ich momentan mit meinem Internet habe. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, aber ich habe mir von meinem Provider LTE für mein häusliches Internet aufschwatzen lassen. Bisher gab es damit auch wenig Probleme, aber Neujahr geht gar nicht. Laut Router habe ich eine perfekte Verbindung zu den Sendemasten, aber leider kommen kaum Daten durch diese gute Anbindung. Ich fühle mich gerade an die guten, alten 56k Modems erinnert. Ist schon erschreckend, wie sehr ich mich an permanentes High Speed Internet gewöhnt habe. Oder ärgere ich mich nur, weil ich schon seit über 2 Stunden Dawnguard für Skyrim runterlade und wohl noch zwei weitere Stunden werde warten müssen, bis das Addon installiert und Skyrim wieder spielbar ist?

Wie dem auch sei: Die Wartezeit lässt sich perfekt für Lebenszeichen nutzen, die ich schon länger senden wollte. Hier also die Übersetzung meiner digitalen Rauchzeichen:

Stoned Golem ist noch nicht vergessen und wird in Zukunft wieder öfter Rauchzeichen wie diese senden. Stay tuned, denn 2013 wird einiges zu bieten haben.

Immerhin haben wir doch gerade einen Weltuntergang überstanden ;–)

Humble eBook Bundle!

Ich hab ja letztens rumgescherzt, dass es mal eBooks im Bundle geben sollte. Und siehe da: es gibt sie! Leider nur auf englisch, aber hey, es ist ein Anfang. Dabei ist auch ein Graphic Novel von Neil Gaiman. Als Downloadformat stehen ePUB, MOBI und PDF bereit, so dass jeder und jede die Dateien sollte öffnen können. Ich werde mir die Bücher mal genauer anschauen und melde mich dann nochmal.

Das Angebot gilt wie immer nur zwei Wochen also schnell zu www.humblebundle.com surfen und sich die Romane sicher. Happy Reading!

Fundstück: Noch Kind? Kostet Extra!

Wer eine Reise tut, der hat was zu erzählen. Und wer häufig zwischen Braunschweig und Hamburg pendelt, der kann nach einer Woche eine ganze Anthologie an Skurrilitäten zum Besten geben. Hier ist also eine davon.

Wer kennt sie nicht, die Faustregel: Je kleiner der Mensch, desto kleiner die Portion desto kleiner der Preis. Auch bekannt als “Kinder zahlen die Hälfte”. Soweit, so bekannt. Tja, in Winsen an der Luhe, einer kleinen Kreisstadt in Niedersachsen vor den Toren Hamburgs und damit der Welt, laufen die Uhren noch anders. Möchte man sich beispielsweise von Winsen nach Stelle fortbewegen, so liegen beide Orte im Hamburger Verkehrsverbund und die Fahrt kostet reguläre 1,85 Euro für einen Ring. Es sei denn, die reisende Person ist ein Kind, denn bei dieser Eisenbahngesellschaft zahlen Kinder noch extra. Hier das entsprechende Beweisfoto:

Halbe Portionen zum regulären Preis befördern, wo kommen wir denn da hin? Die nehmen doch nur den wertvollen Platz für einen voll zahlenden Reisenden weg, also sollen sie auch extra zahlen, wenn sie so verschwenderisch mit Ressourcen umgehen. So macht man dat in Niedersachsen!

[Kritik] Sebastian Fitzek: Die Therapie

Bevor ihr denkt, es gibt mich nicht mehr, lasst euch folgendes gesagt sein.

  1. Ich komm mir vor wie ein Rentner. Kaum bin ich mit der Arbeit durch, habe ich keine Zeit mehr für gar nichts. Auch nicht für dieses Blog, oder Google+, oder Shakes and Figdet, oder, oder, oder und so leid es mir derzeit auch tut. Vielleicht, eines fernen Tages, wenn ich wieder mit meiner Frau zusammen unter einem Dach wohne und ich einem geregelten Job nachgehe — ja, dann schaffe ich es sicherlich wieder, hier regelmäßiger meine Einsichten zu veröffentlichen.

  2. Wohnungssuche in Hamburg ist der neunte Kreis der Hölle. Ich weiß wovon ich rede. Ich war da.

Aber ich will nicht meckern, sondern produktiv etwas beitragen. Eine Sache, die ich schon länger auf diesen Blog hochstellen wollte, ist eine Rezension von Sebastian Fitzek Psychothriller “Die Therapie”. And here we go:

Viktor Larenz sitzt im Wartezimmer eines befreundeten Arztes und wird langsam unruhig. Er ist allein unter Fremden, zum Warten verdonnert, denn seine pubertierende Tochter wollte alleine zum Doktor vor. Der Wunsch nach Privatsphäre, ein unvermeidlicher Aspekt des Heranwachsens. Larenz spürt, dass etwas nicht stimmt; mit jeder verstreichenden Minute wächst seine Anspannung. Er stürmt ins Behandlungszimmer, doch seine Tochter ist nicht da. Er schreit die Frau an der Rezeption an, aber sie beteuert unter Tränen, seine Tochter hätte keinen Termin gehabt und er wäre allein in die Praxis gekommen. Ein zwölfjähriges Mädchen verschwindet, und die Arzthelferin hat die Frechheit, ihn anzulügen. Unter dem angestauten Druck bricht Larenz zusammen.

Jahre später erwacht er in einer psychiatrischen Anstalt aus einem langwierigen Koma. Dem ehemaligen Star-Psychiater Viktor Larenz wird der Mord an seiner Tochter Josy vorgeworfen. Es bleiben nur wenige Minuten, bis die Polizei eintrifft, um ihn zum ersten Mal zu vernehmen. Wenige Minuten, die Dr. Martin Roth nutzen möchte, um Larenz´ Version der Geschehnisse zu hören.

Und Viktor beginnt zu erzählen. Von der unerklärlichen Krankheit seiner Josy, die sie von Arzt zu Arzt führte, ohne dass die Ursache gefunden werden konnte; von Josys Verschwinden; von der emotionalen Leere nach der Tragödie. Und vor allem von jenen fünf schicksalhaften Tagen, die Viktor Larenz in seinem Ferienhaus auf der Insel Parkum verbrachte, um ungestört an einem Email-Interview zu arbeiten. Auf Grund seiner fachlichen Reputation erregte das Verschwinden seiner Tochter ein reges mediales Interesse, was Larenz und seine Frau noch zusätzlich belasteten. Erstmals wollte er sich nun in einer Zeitung zu seinen Erlebnissen der letzten Jahre, inklusive der Schließung seiner eigenen Praxis, äußern.

Dort, in der Abgeschiedenheit, spürt ihn Anna Spiegel auf. Sie leidet unter Schizophrenie und ist von der Vorstellung besessen, dass nur Larenz in der Lage ist, ihr zu helfen. Sie bedrängt ihn, mit ihr eine Therapie zu beginnen, doch Larenz zeigt kein Interesse. Bis Anna eine Bemerkung fallen lässt, die sie mit Josy in Verbindung bringt. Kann es sein, dass diese Fremde Josy nach ihrem Verschwinden gesehen hat? Und wieso wird er das Gefühl nicht los, dass sie gefährlich ist? Als dann auch noch ein Sturm die Insel vom Rest der Welt abtrennt, ist Viktor allein. Allein mit seiner noch immer nicht aufgearbeiteten Vergangenheit; allein mit Anna Spiegel, die sein Leben immer mehr durcheinander bringt, bis er die Bedrohung nicht mehr übersehen kann. Und am Ende des Sturms wartet nichts Geringeres als die Wahrheit.

Sebastian Fitzek legt mit Die Therapie einen Debütroman vor, der es in sich hat. Kindesentführung, Mord, Stalking und psychologische Erkrankungen mannigfaltiger Couleur sind die Zutaten dieses Thrillers. Das Buch wartet mit einem hohem Erzähltempo auf: In kurzen Kapiteln spitzt sich die Handlung unweigerlich zu. Dazwischen, wie kleine Inseln der Ruhe, die reflektierenden Gesprächen zwischen Roth und Larenz.

Der heraufziehende Sturm wirkt wie ein Katalysator auf die Handlung – ein ziemlich offensichtliches Bild –, aber das Unwetter hat noch eine weitere Funktion: Es nimmt dem Protagonisten jede Fluchtmöglichkeit: Weder vor seiner eigenen Vergangenheit noch vor Anna Spiegel kann Larenz sich verstecken. Und dabei hätte er den Schutz vor Anna bitter nötigt.

Die Therapie beschreibt ein familiäres Drama, wie es für Eltern nicht schlimmer sein könnte. Der Verlust des eigenen Kindes ist eine Bewährungsprobe, an der schon viele Familien zerbrochen sind. Der Roman erzeugt die benötigte private Perspektive, , indem aus der Sicht von Viktor Larenz erzählt wird. Darüber hinaus stellt der Sturm eine gute Metapher für die Abgeschiedenheit, Unverstandenheit und ausweglose Leere dar, welche man in Zeiten der Trauer kennen lernen kann: Es ist jener Ring „wie aus Watte“, der sich um die eigenen Gedanken und Gefühle legt und die Reize der Außenwelt auf ein kaum wahrnehmbares Maß abschwächt, der in diesem Buch seinen metaphorischen Ausdruck findet. Das mit diesen Zutaten ausgestattete Buch macht es dem Leser schwer, es vor der letzten Seite aus der Hand zu legen – ein Vorhaben, das angesichts der knapp 270 Seiten durchaus an einem Nachmittag zu bewältigen ist.

Die Schattenseite dieser Anlage liegt auf der Hand: Parkum kann überall sein – vielleicht ein Grund, warum Fitzek eine fiktive Insel für seine Handlung wählt. Mehr noch: Lediglich Josy verbindet Parkum mit der übrigen Welt, und insbesondere in stürmischen Zeiten wird jedwede Kontaktmöglichkeit im Keim erstickt. Die Insel ist das Symbol der inneren Isolation, die sich überall erfahren lässt – und die keinen Ausweg kennt. Wer also große Plots mit vielen Bezugspunkten zur realen Welt mag oder für wen unzählige Nebenhandlungen mit vielen, tiefgründig gezeichneten Charakteren ein wichtiges Qualitätsmerkmal darstellen, der sollte sich nicht in diese „Therapie“ begeben.

Wer mit einer auf das Ende zugeschnitten Handlung sowie einem kleinen, dafür aber gut gezeichneten Personeninventar leben kann, sollten eine Probesitzung riskieren. Und wer weiß, vielleicht können auch Sie dann nicht der Handlung entfliehen.

Sebastian Fitzek: Die Therapie. Genehmigte Lizenzausgabe. Weltbild: 2009.

Erwähnenswert sei noch, dass eine Figur aus diesem Roman auch in Fitzek “Augensammler” einen Gastauftritt hat, den ich an anderer Stelle schon rezensiert habe.

Frisch Freigelassen

In der Taverne “Zum tanzenden Einhorn” (Hamburg) habe ich folgende Bücher freigelassen:

  • Shirley Harrison: “Das Tagebuch von Jack the Ripper. Die merkwürdigen Umstände der Entdeckung. Die Beweise der Echtheit.” Bastei, 1998.

  • Stephen King: “Der Gesang der Toten. Unheimliche Geschichten.” Heyne, 1986.

  • Richard Bachmann: “Menschenjagd.” Heyne, 1982.

  • Wolfgang Hohlbein: “Wolfsherz.” Bastei, 1999.

  • Stephen King: “Das Jahr des Werwolfs.” Bastei, 1988.

  • Wolfgang Hohlbein: “Flut.” Knauer, 2001.

  • Caleb Carr: “Engel der Finsternis.”, Heyne, 1999.

  • Wolfgang Hohlbein: “Der Magier. Der Erbe der Nacht.” Heyne, 1999.

Man könnte auch die Autoren nach Namen ordnen. Muss man aber nicht, wie ich gerade bewiesen habe smile.

Anyway. Drei weitere Bücher haben den Weg in das öffentliche Bücherregal der St. Markus Gemeinde, Heidener Straße 1, Hamburg, gefunden. Folgende Titel habe ich dort eingestellt:

  • Ephraim Kishon: “Mein Freund Jossele. Neue Satiren.” Ullstein, 1980.

  • Friedrich Dürrenmatt: “Die Physiker.” Diogenes, 1998.

  • Bertolt Brecht: “Leben des Galilei.” Suhrkamp, um 2000.

Vielleicht merkt man, dass ich versuch den Büchern eine entsprechende Zwischenbleibe zu suchen, wo sie unter gleichen sind und thematisch eher erwartet werden. Ein Buch über möchtegern-okkulte Riten wie Hohlbeins “Magier” würde ich zumindest nicht in einem Kirchenbücherregal erwarten. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte. Ich hab schließlich noch einige Bücher zu verteilen und mit diesen Freilassungen sind auch erst 17 von 31 registrierten Büchern unterwegs. Aber wer weiß, vielleicht findet ja jemand mal eines der Bücher, besucht diesen Blog und unterlässt ein kleine Nachricht, dass es dem Werk noch gut geht.

Der Zustand Der Welt Macht Mir Angst

Ich bin schockiert. Und das gleich doppelt. Zum einen über einen furchtbar schlechten Film, der angeblich von einhundert jüdischen Spendern finanziert wurde und 2 Stunden lang sein soll. Bisher existiert “nur” ein 14 Minuten Trailer auf YouTube, den ich auf keinen Fall verlinken werde, da der Inhalt wirklich unter aller Sau ist. Es wird gegen Mohammed gehetzt und weiter unnötig Öl in den Schwelbrand der Religionen gekippt: Anstatt sich wie erwachsende Menschen zu unterhalten wird diffamiert, beleidigt und auf die jeweils andere Religion gespuckt bis jemand heult oder zu den Waffen greift.

So geschehen heute im Sudan: In der Hauptstadt Khartum wurden die deutsche und die amerikanische Botschaft als Reaktion auf den Film gestürmt, wie mehrere Medien berichteten, darunter die noch immer verlinkbare taz. Der deutsche Botschafter und seine Angestallten sollen wohlbehalten aus der Gefahrenzone gelangt sein, so das dankbarer Weise nur mit Sachschäden zu rechnen ist.

Die Reaktion auf das Video erscheint krass, aber das Video ist es auch. Nicht nur, dass es schlecht gespielt ist, auch die Message ist bar jeglichen gesunden Menschenverstandes, weswegen ich die Aufregung der Muslimen verstehen kann, auch wenn ich die militanten Aktionen nicht gut heiße. Ich meine, da wird eine große Menschengruppe permanent in ihren religiösen Gefühlen beleidigt. Das diese Menschen dann nicht auf dauer still halten ist doch verständlich, oder? Dass sie mit Gewalt reagieren verleiht der Situation eine Tragik, die einzig die Macher des Videos zu verantworten haben.

Denn diese geistigen Brandstifter haben meiner Meinung nach genau diese Reaktion bewusst provoziert. Schon seid Tagen ist in den Medien zu lesen, dass sich der Regiesseur nicht zu erkennen geben möchte — heute soll er sogar Polizeischutz beantragt haben. Einem denkenden Menschen hätte klar sein müssen, dass unangebrachte und beleidigende Provokationen in einer ohnehin aufgeheizten Situation vielleicht das falsche Kommunikationsmittel sind. Drei US-Botschafter haben dafür schon mit dem Leben bezahlt!

So lange in dieser Debatte nicht sachlich argumentiert wird und die Beleidigungen bei Seite geschoben werden, so lange wird sich dieser Krisenherd auch nicht wieder abkühlen. Die Sprengkraft in diesem Konflikt ängstigt mich wirklich, vor allem, da sie andauernd befeuert wird und Schreckensnachricht auf Schreckensnachricht folgt. Vielleicht liegt es am Wochenende oder an der anstrengenden Woche, die hinter mir liegt, aber ich habe derzeit nur einen naiven Wunsch: Lasst uns doch alle mal wieder lieb haben. Wenigstens für einen Moment. Damit wir durchatmen und zur Besinnung kommen können. Damit wir vielleicht einen Weg finden aus der Gewalt auszubrechen. Damit niemand mehr auf Grund der Dummheit anderer sein Leben lassen muss.

Kneipentipp: Zum Tanzenden Einhorn

31 Bücher sind inzwischen bei Bookcrossing registriert — Tendenz steigend, sobald ich wieder in Braunschweig bin und Zugriff auf mein Bücherregal habe. Sechs dieser Bücher stehen entweder noch im Dialog in Braunschweig oder wurden von dort schon mitgenommen. Man weiß es nicht genau. Heute jedenfalls werde 8 weitere Bücher frei lassen und ich verbinde diesen Release mit ein klein wenig Werbung für eine nette Kneipe in Hamburg.

Zum tanzenden Einhorn” liegt am Rande des Univiertel “Rotherbaum”, nicht weit vom Bahnhof Dammtor entfernt und keine zwei Minuten Fußweg von der WG, in der meine Frau im Moment untergekommen ist und die ich derzeit Teilzeit mit bewohne. Laut Selbstbeschreibung ist das Einhorn eine Mittelalter- und Rollenspieltaverne in Hamburg. Dieser Selbsteinschätzung wird es auch gerecht: Ein prall gefüllter Schrank mit Gesellschaftsspielen lädt zum amüsanten und geselligen verweilen ein auch wenn man selbst kein Spiel mitgebracht haben sollte. Die Wände sind entsprechend der thematischen Ausrichtung dekoriert und die Einrichtung ist rustikal-gemütlich. Es existiert ein eigenes Raucherzimmer, so dass Nichtraucher vom blauem Dunst verschont bleiben. Und — deswegen gehe ich ja heute erneut dahin — das Einhorn ist eine Open Bookcrossing Zone (OBCZ), wobei sie eine eigenwillige Definition von OBCZ zugrunde legen: Anstatt ein Regal mit Büchern anzubieten ist die ganze Taverne Ort des beliebten Büchertauschens. Einfach liegen lassen oder auflesen und glücklich sein.

Besonders beeindruckt bin ich von der Getränkekarte, die einige Besonderheiten aufweißt. So wird standardmäßig Met und Wikingerblut angeboten, wonach man ansonsten eher suchen muss. Auch “Odin’s Honigbier”, ein süßeres Schwarzbier, ist mir bisher nicht auf die Zunge gekommen. Und dies ist ein echtes Versäumnis, weil ich mich auf den ersten Schluck in das Getränk verliebt habe und es meine reguläre Bestellung in dem Schuppen wird. Auch der angebotene Cider gehört zu den besseren, die ich in letzter Zeit trinken durfte. Die vollständige Getränkeauswahl lässt sich über die verlinkte Website einsehen.

Zum Essen gibt es allerdings nur Erdnüsse, Käse am Stiel und andere Fingerfoods; warme Küche wird nicht angeboten. Dafür darf der eigene Lieblingsbringdienst den Laden ansteuern, um die knurrenden Mägen der Durstigen zu bändigen. Die Preise sind mehr als fair und bewegen sich am unterem Ende der durchschnittlichen Kneipenpreise.

Das Einhorn öffnet außer Sonntags und Dienstags jeden Tag um 18 Uhr seine Pforten und wird laut Selbstauskunft erst gegen 5 Uhr morgens geschlossen — so lange hat es mich bisher aber nicht dort gehalten, weswegen ich den Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht überprüfen kann. Und für’s Navi sei noch angeführt, dass das Einhorn in der Bundesstraße 6, 20146 Hamburg, liegt.

Vielleicht trifft man sich ja mal dort auf ein Bier oder zwei!

Schulhof-CD Mal Anders!

Da surft man nichtsahnend durch die unendlichen Weiten des Internet und plötzlich findet man ein kleines Juwel, wie es viel mehr geben sollte: Die Nordlichter aus Schleswig-Holstein am Nordkolleg Rendsburg taten sich zusammen und produzierten eine Schulhof-CD gegen Rechts! Und im Gegensatz zu den Nationalhirnlosen, die nur mit Copy and Paste von vorhandenen Dünnpfiff ihre Scheiben füllen konnten, wurden für diese Produktion 13 neue Tracks mit Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren eingespielt. Getreu dem Motto: Kreativ statt nur kopiert; modern statt 1933.

Die Musik, vorwiegend HipHop, trifft zwar überhaupt nicht meinen Geschmack, aber ich bin ja auch nicht Zielgruppe für diese wichtige Unternehmung, den Rechts-Arm-Leuchtern auf den Schulhöfen Einhalt zu gebieten. Die Musik wird nicht nur physikalisch als CD verteilt, sondern die Tracks lassen sich auch über die verlinkte Website digital runterladen.

Einziger Wermutstropfen aus meiner Sicht ist die Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Frau Kristina “Ich und die Linken und der Linksextremismus” Schröder. Ein gutes Projekt hat es einfach nicht verdient mit diesen Schmuddelkindern und Gehirnakrobaten  in Verbindung gebracht zu werden. Aber irgendwo muss das Geld ja herkommen…