Stoned Golem

*-* ... und wir wissen, dass es keine Wunder gibt ... *-*

Wider Der Umsonstkultur!

Auch die ach so um Austausch bemühten Tatortautoren schreiben in ihrem Offenen Brief von der “Umsonstkultur”, die im Internet ihr Unwesen treibt. Von den Internetnutzern und Piraten (im Sinne der Partei) fordern sie, dass diese sich von einigen Lebenslügen freimachen sollten, während sie selbst an einer festhalten. Denn der Mythos der Umsonstkultur ist genau das: Ein Mythos, aufrecht erhalten von Menschen, die krampfhaft an einem vielleicht zum Sterben verdammten System festhalten wollen. Schaut man aber genauer hin wird man feststellen, dass es durchaus Bezahlmodelle gibt, die von Nutzern mit Freuden in Anspruch genommen werden — vielleicht auch deshalb, weil zahlenden Konsumenten bei diesen Angeboten nicht automatisch unter dem Generalverdacht der Piraterie gestellt werden. Auf geht es also zu einer kleinen Exkursion bezahlter Alternativkultur im Internet um die Lüge der Umsonstkultur zu widerlegen.

****1. Free/Libre Open Source Software

Free/Libre Open Source Software, kurz FLOSS, ist der wohl größte Pain in the Ass der proprietären Softwareentwickler. Während sie ihr Produkt mit restriktiven Lizenzmodellen künstlich verknappen und damit ungeniert den Preis willkürlichen festlegen können, wird FLOS-Software im Internet zum Download angeboten, die in fast allen Fällen mindestens gleichwertig mit der proprietären Software ist.

Software dieser Art lässt sich entgeltfrei aus dem Netz herunterladen, installieren und benutzen, was zu der unsinnigen Ansicht führte, FLOS-Software wäre umsonst. Doch das ist sie gar nicht. Ihre Finanzierung basiert auf einem anderen Modell als dem klassischen Verkauf an den Consumer, der für die Nutzung des Produktes einen Geldbetrag zahlt. Vor allem sind die akzeptierten Währungen vielfältiger als die bloße Reduzierung auf schnöden Mammon.

So dient Mitarbeit als eine Möglichkeit etwas an das Projekt zurückzugeben. Diese muss nicht zwangsweise informatischer Natur sein, denn neben der reinen Programmierarbeit gibt es genügend Bereiche, in die man sich auch ohne Informatikstudium einbringen kann. Dokumentation, Übersetzung, Bugreports und Hilfeseiten wären Beispiele für eine Möglichkeiten der Beteiligung, die auch für Geisteswissenschaftler realisierbar ist und über schlichte Werbung und Bekanntheitssteigerung hinausgeht. Wer sich auf diese Art in Projekte einbringen möchte, der wende sich einfach an das entsprechende Projekt und frage nach offenen Baustellen. Derer gibt es sicherlich viele und irgendwas Sinniges findet sich immer.

Die monetäre Unterstützung von FLOSS-Projekten gestaltet sich dagegen ausgesprochen vielfältig. Einige Projekte, vor allem kleinere, finanzieren sich ausschließlich über Spenden. Andere bieten ihre Software sowie den Quellcode zum Kauf an, erlauben aber jedem Nutzer, die Software kostenfrei weiterzugeben. Viele große Projekte bieten ihre Software neben dem kostenfreien Download als inhaltlich identische CD-Version an und finanzieren durch diese Erlöse ihre Unternehmungen.

Weit verbreitet ist auch das Sponsoring. Vor allem Hardwareunternehmen wie Intel, IBM oder Hewlett Packard investieren Geld in die Entwicklung freier Software. Besonders Intel tut sich derzeit im Bereich der Grafikbeschleunigung hervor, da sie ihre Gerätetreiber offen legen und so schon häufig der Treiber in den Linux-Kernel eingepflegt ist, bevor der Chip überhaupt für den Consumer erhältlich ist. Sogar Microsoft unterhält Mitarbeiter, die ausschließlich für FLOSS-Projekte programmieren. Als Consumer zahlt man durch den Hardwarekauf die Softwareentwicklung, ähnlich wie man Fernsehwerbung für Nutella durch den Kauf von Ferreroprodukten finanziert. Dieses Beispiel verdeutlicht recht gut, dass durch Querfinanzierung ganze Branchen überlebensfähig werden und wirft die Frage auf, warum dies gerade bei Software anders sein sollte.

Neben der Abhängigkeit von Unternehmen ist vor allem in den USA das Stiftungsmodell zur Finanzierung von freier und offener Software beliebt. Zu den bekanntesten Stiftungen dürften die Mozilla Foundation (Firefox, Thunderbird), die Apache Foundation (Apache Webserver) sowie die Free Software Foundation (GNU) gehören. Diese Stiftungen sorgen dafür, dass Programmierer von ihrer Arbeit leben können obwohl sie ihre Software der Allgemeinheit zur Weiterentwicklung und Nutzung zur Verfügung stellen. Das Stiftungskapital kann dabei aus mehreren Einnahmequellen erschlossen werde. Die Free Software Foundation beispielsweise bezieht ihr Kapitel aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Softwareverkäufen.

Schon dieser wirklich exemplarische Exkurs verdeutlicht: “Free” in “Free Software” bezieht sich nicht auf den Preis, sondern auf Freiheit. Auch wenn die Software anfangs entgeltfrei aus dem Netz geladen werden kann finden sich dennoch viele Möglichkeiten, diese Unternehmen zu entlohnen. Die Darstellung von Freier Software im Sinne von Freibier ist nichts weiter als ein ideologischer Kampfbegriff, den man vermeiden sollte, wenn man konstruktiv mit Nutzern Freier Software spricht. Wer mehr zu dieser Sichtweise wissen möchte, dem seien die Aufsätze von Richard Stallman ans Herz gelegt.

2. Kickstarter

Ich glaube, wenn man sich in die Diskussion über das Urheberrecht einmischt, sollte man sich bewusst machen, dass es an vielen Punkten um Ideologie geht. Oder besser: Um Ideologien. Am Beispiel Kickstarter lässt sich beispielsweise nachweisen, dass durchaus auch Sichtweisen, die das Marktgeschehen betreffen, in die Diskussion mit einfließen.

Kickstarter ist eine Website, die Kreativen die Möglichkeit gibt, ihre Idee für einen selbst gewählten Zeitraum zu präsentieren. In dieser Zeit können Interessenten sich diese Idee anschauen und — sofern sie gefällt — mit barer Münze unterstützen. Die Unterstützung ist aber keine Spende, sondern eher eine Subskription auf das fertige Werk.

Der Anbieter kann bestimmen, ab welchem Wert der Unterstützer das Werk bekommt und in welcher Form. Diese Angaben werden transparent auf der Website angezeigt, damit man weiß, was man für sein Geld erwarten kann. Traditionell — oder gemäß der kapitalistischen Logik — steigt die Anzahl an Zugaben und Goodies mit der Höhe der Unterstützung.

Ich erinnere mich beispielsweise an ein Spiel, welches zu folgenden Konditionen angeboten wurde: Für 40 Dollar gab es das Spiel, für 70 zwei, für 140 fünf Ausgaben des Spiels. Sich mit Freunden zusammentun und eine “Sammelbestellung” aufzugeben lohnte sich also, da der Einzelpreis des Spieles dadurch massiv sank.

Ein anderes Beispiel aus dem Musikbereich: Für einen Dollar Unterstützung gab es das Album, welches mit den Einnahmen produziert werden sollte, als digitalen Download; für zehn Dollar das Album als CD und Download, für 20 das Album auf CD und Download plus einen Haufen Gimmicks, für 50 das Album plus Gimmicks plus goldenem USB-Stick mit allen Alben der Künstlerin. Ich glaube, ihr habt das System verstanden.

Aber was hat das nun mit Ideologie zu tun? Ganz einfach: Am sogenannten freien Markt herrscht die Vorstellung, dass der Markt Angebot und Nachfrage reguliere und sich das beste — im Sinne von am besten angepassteste — Produkt durchsetzt. Bei Kickstarter ist der anonyme Markt raus und die Community entscheidet, welche Angebote erfolgreich werden. Diese erhalten dann auch ihren angestrebten Supportbetrag, während andere, die weniger ansprechend wirkten, ihr Ziel nicht erreichen. Auf ideologischer Ebene ist dies also eine Verlagerung von einem regulierenden Markt zu einer regulierenden Community.

Kickstarter widerlegt recht eindrucksvoll die These der Umsonstkultur im Internet, da sich die Projekte ausschließlich mit Geld unterstützen lassen und auch gut unterstützt werden, wenn man sich die Projekte dort anschaut. Das Märchen vom bezahlfaulen Internetnutzer kann also kaum stimmen, wenn sich dort soviel Geld einfindet, welches für neue, kreative Projekte zur Verfügung steht.

3. BandCamp

Der größte ideologische Graben in der Urheberrechtsdiskussion erstreckt sich sicherlich zwischen Nutzern und Major-Labels, die gerne auch mal als “Contentvermarkter” verschrien werden. Der Vorwurf von Seiten vieler Internetaktivisten an die Majors ist, dass sie die Künstler ausbeuten, ihnen Knebelverträge aufdrücken und selber den großen Reibach machen würden. Die Künstler dagegen (unter ihnen auch die eingangs erwähnten Tatortautoren) bestreiten, dass es eine Dichotomie zwischen Künstler und Vermarktern gebe; vielmehr handele es sich bei dieser Konstellation um ein erprobtes und für beide Seiten gewinnbringendes Modell, wenn sich der Künstler ausschließlich um seine Kunst und ein Dritter um die Vermarktung kümmert.

Dass diese Ansicht nicht kritiklos ist, habe ich ja schon erwähnt. Doch Kritik allein ohne einen Gegenvorschlag ist nicht immer ziel führend und so kommen wir zu BandCamp, einer zentralen Anlaufstelle für Künstler, die sich selbst vermarkten wollen. In gewisser Weise ist BandCamp auch ein Vermarkter, allerdings vollkommen anders als die Majors, die auch in die künstlerische Gestaltung und Darstellung ihres “Produktes” eingreifen. BandCamp dagegen bietet lediglich Infrastruktur, die Künstler nutzen können. Präsentation, Inhalt, Musik und Preis bestimmen die Musiker selber. Sogar die Lizenzierung ist den Künstler überlassen und so finden sich im friedlichem miteinander Werke, die unter einem restriktiven Copyright stehen neben Creative Commons Lizenzen.

Vor allem Independent-Künstler greifen gerne auf BandCamp zurück. So vertreibt die Band “Walk off the Earth”, denen mit ihrer Interpretation von “Somebody that I used to know” ein gigantischer YouTube-Hit mit über 125 Million Kilcks gelang, ihre Musik über BandCamp. Damit erhalten sie sich eine künstlerische Freiheit, die in dieser Art sicherlich nicht von den Majors toleriert werden würde.

Besonders in Kombination mit Kickstarter wird BandCamp gerne genutzt: Dient Kickstarter als Finanzierung eines Albums, so lässt sich BandCamp nutzen um die Musik an zahlungswillige Kunden zu verkaufen, die damals vielleicht das Kickstarterprojekt übersehen oder sich aus anderen Gründen nicht daran beteiligt haben. Die Kombination Liveauftritt-Kickstarter-BandCamp wird derzeit gerne von us-amerikanischen Künstlern genutzt, die sich damit ihren Lebensunterhalt sichern können. Es geht also auch mit Selbstvermarktung obwohl im Netz ja niemand für irgendwas bezahlen möchte, wie es heißt.

****4. Pay what you want

Pay what you want ist kein eigener Dienst sondern ein Finanzierungsmodell, dass sich auf einigen Websites in letzter Zeit finden lässt. Das Modell macht genau das, was es sagt: Dem Kunden ist freigestellt, was er bezahlen möchte. Von einem Cent bis hundert Millionen Euro ist alles erlaubt. Hintergrund dieser Mentalität ist, dass dieser Tage alles teuer ist, weswegen sich auch auf Grund des Überangebotes niemand mehr alles leisten kann, was er sich vielleicht leisten möchte. Damit aber niemand verzichten muss, wird auch die Möglichkeit eingeräumt wenig zu bezahlen. Sollte der Person wieder mehr Geld zur Verfügung stehen, steht es ihr frei, bei einem anderen Projekt mehr Geld zu lassen.

Pay what you want ist, wenn man es hochstilisieren möchte, der Gegenentwurf zur Umverteilung von unten nach oben, die wir in der Gesellschaft immer stärker beobachten können. Bei diesem Prinzip unterstützen die Finanzkräftigen die Finanzschwachen und ermöglichen ihnen dennoch Zugang zu Kulturgütern, ohne dass der Künstler hungert oder das Werk “gestohlen” werden müsste. Es ist ein Mittel gesellschaftlicher Solidarität, das Teilhabe tatsächlich ermöglicht.

Obwohl diese Mentalität auf dem erstem Blick naiv erscheint, funktioniert sie dennoch. BandCamp beispielsweise bietet Künstler dieses Bezahlmodell an und diese nutzen es recht häufig. Würde es sich nicht rentieren würden die Musiker wieder vermehrt auf festgesetzte Beträge setzen. Auch das HumbleBundle, eine Zusammenstellung von Independentspielen, setzt dieses Zahlprinzip ein und hat auf diese Weise während der letzten Aktion in 14 Tagen über 5 Millionen US-Dollar eingenommen.

Pay what you want könnte ein guter Weg sein die “Piraterie” einzudämmen, da mit diesem Zahlsystem jedem und jeder Zugang zu Kulturgütern ermöglicht wird. Dabei hilft der Starke dem Schwachen das Brot des Künstlers zu bezahlen, so dass dieser nicht hungern muss. BandCamp und HumbleBundle — gerade einmal zwei Beispiele aus einem großen Pool — zeigen auf, dass dieser Weg der Finanzierung funktionieren kann und das Internetnutzer durchaus bereit sind zu zahlen. Werden sie aber von Beginn an als potentielle Raubmordkopierer kriminalisiert, dann weigern sie sich zu konsumieren, unabhängig vom geforderten Preis. Man denke nur an die schlechte “Raubkopierer sind Verbrecher”-Kampagne: Obwohl man für den Film ordnungsgemäß bezahlt oder diesen gegen Geld geliehen hat wird man bei jedem Start der DVD mit diesen blöden Filmchen bestraft, die sich im schlimmsten Fall nicht einmal überspringen oder vorspulen lassen. Hier ist — technisch gesehen — die um diese Schikane bereinigte “Raubmordkopie” durchaus im Vorteil gegenüber der kommerziellen Kauf- oder Leihversion des Filmes.

Es sind eben nicht nur monetäre Gründe, die den Wunsch nach Alternativen wecken. Denn Geld scheint der Internetnutzer zu zahlen bereit zu sein, wie die Beispiele zeigen. Was er sich aber nicht gefallen lassen möchte ist die permanente Androhung von Strafe und der Generalverdacht, unter dem er automatisch gestellt wird. Dieser (unbestätigte) Generalverdacht wird dann auch zur Rechtfertigung einer lückenlose Überwachung des Internets herangezogen, die von konservativen Politikern derzeit gerne gefordert wird. Ein Schelm, wer bei diesen Überwachungsszenarien an Orwell denkt und befürchtet, dass einmal installierte Kontrolle auch zu Zensur und Machtmissbrauch führen wird.

Breaking News

ACTA ist Geschichte. Die Abstimmung im Parlament ergab 37 dafür, 165 Enthaltung und gigantische 478 Gegenstimmen! Zwar werden wir auch in Zukunft mit weiteren Schweinereien zu rechnen haben, aber zumindest diese ist erstmal vom Tisch. Weitere Infos unter Netzpolitik.org.

St. Pauli, Deine Straßenkunst (1)

Welcome back zu einer weiteren Fotorundreise. Diesmal bewegen wir uns durch St. Pauli und schauen über die Park Fiktion hinaus. Vorweg zwei Einzelbilder, die in keinem größeren Zusammenhang stehen, aber einen netten (und aus meiner Sicht chronologischen) Einstieg bieten.

Schon im Post zur Park Fiktion habe ich auf die St. Pauli Kirche hingewiesen. Das nachstehende Gotteshaus gehört — glaube ich — nicht im eigentlichem Sinne zu der Kirche, aber sie teilen sich ein Faible für gestaltete Fassaden.

Der “Herzkreuzanker”, “Anker mit Herz und Kreuz” oder wie auch immer man dieses stilisierte Kombination verschiedener Symbole nennen möchte, lässt sich öfter in St. Pauli finden, wie ich schon einmal erwähnt haben müsste. Rückschlüsse zur Religiosität verkneife ich mir mal, da ich hier zuvor ein wenig nachforschen möchte, um die Verknüpfung von Kirche und Schifffahrt (yeah, endlich mal ein Wort mit drei f!) korrekt wiedergeben zu können. Vielleicht kommt es also noch nachgereicht. Oder auch nicht.

Hübsch ansehen lässt sich das Symbol dennoch. Diese Variante ist relativ schnörkellos gehalten, gefällt aber in der Farbgebung: Die blaue Kühle des Ankers wird ausgezeichnet flankiert von der warmen Röte des Herzens. Nice.

Bei folgendem Laden musste ich ein wenig retuschieren, damit ich nicht der Schleichwerbung bezichtigt werde. Der Mehraufwand ist aber mehr als gerechtfertigt, denn diese moderne Interpretation von Eschers Echsen ist mehr als sehenswert.

Ein weiteres Bild aus der Reihe “es muss nicht immer ein Graffiti sein”. Was mir dieser Pappkamerad aber sagen soll, bleibt mir noch ein wenig verschlossen. Über Hinweise in den Kommentaren würde ich mich jedenfalls sehr freuen.

Bevor wir uns aber gleich näher mit der St. Pauli Kirche befassen, ein kurzer Blick auf die andere Straßenseite. Sommer, Sonne und Meer — auch bei trüben Wetter.

Es mag zwar noch nicht so scheinen, aber hier geht die St. Pauli Kirche los, der wir einmal entlang der Fassade folgen werden.

Damit sind wir dann auch für heute schon durch. Aber die nächsten Teile kommen bestimmt. Keine Sorge :)

[Kritik] Dan Simmons Hyperion. Oder: Die Geschichte Der Pilger

Nachdem ich schon vor einiger Zeit von Dan Simmons Hyperion geschwärmt habe folgt jetzt die Rezension zum ersten Band.

1989. Die Science Fiction hat sich verändert. Die epochalen, dynastischen Großerke wie Asimovs Foundation-Trilogie, Herberts Wüstenplanet oder Lucas Star Wars sind vollendet. Mit ihnen erlosch auch das Genre der Space Opera, jener groß angelegte Zukunftsentwurf, der die unendliche Leere zwischen den Sternen vergeblich zu bevölkern versuchte. Bevölkert vom Wesen Mensch, der sich auch in der fernen Zukunft und zwischen den Welten noch nicht selbst ausgerottet hat und sein Überleben zu sichern versucht. Obwohl gefangen in einer grenzenlosen Einsamkeit und verlassen von Gott und Göttern ist es doch eine optimistische Einschätzung, dass unsere Kultur des Technischen uns einen Untergang der Erde würde überstehen lassen. Insofern kann die Space Opera als Ausdruck eines fortschrittsgläubigen Optimismus gewertet werden.

Diese Bewertung des Technischen als Retter einer ansonsten zum Aussterben verdammten Spezies ist Ende der 80ziger alles andere als en vogue. Der politische Pessimismus hält Einzug in das Genre und verändert es nachhaltig: Der Cyberpunk wird geboren. Der Mensch ist gefangen auf seiner kleinen Welt, die im Müll einer ständig wachsenden Gesellschaft zu ersticken droht. Die Gewaltenteilung ist aufgehoben und Macht konzentriert sich in einigen wenigen, scheinbar omnipotenten Firmen, die alles und jeden zu kontrollieren versuchen. Es gibt Widerstand, aber ähnlich wie die London Riots ist dieser nur spärlich politisch motiviert: Die Aufständischen wollen ihren Anteil vom Kuchen, weil sie sich von der Upper Class abgehängt fühlen und diese um ihre Statussymbole neiden; nicht für alle, sondern für sich selbst. Für dieses Ziel schrecken sie auch nicht vor kriminellen Aktivitäten zurück. Ihre Motivation ist Überleben und Besitzen — und darüber hinaus gibt es wenig. Das Morgen wird genauso scheiße sein, wie das heute; aber ein wenig mehr Geld könnte es erträglicher machen. Same shit, different day.

In diesem Umfeld erschien Dan Simmons Space Opera Hyperion, die auf Grund ihrer Thematik von Beginn an in der Flut der Cyberpunk-Veröffentlichungen unterzugehen drohte. Dass es dennoch zu einem Klassiker avancierte zeugt von der Qualität des Werkes.

Hyperion ist das erste von insgesamt vier Büchern, das in diesem Universum spielt, und bildet mit dem Band Der Sturz von Hyperion eine zusammenhängende Geschichte, während die beiden “Endymion”-Bände  Pforten der Zeit und Die Auferstehung eine zweite Erzählung darstellen. 2800 Seiten geballter Space Opera der Extraklasse, von denen hier die ersten 700 Seiten besprechen werden sollen.

[caption id=“” align=“aligncenter” width=“400”] Dan Simmons, Autor von Hyperion. Bild von Stanke13alf, lizenziert unter der CC 3.0 BY-SA. Für weitere Informationen bitte auf das Bild klicken.[/caption]

Im 29. Jahrhundert nach Christus. Hyperion ist der Name eines Planeten außerhalb des Netzes, was im Wesentlich bedeutet, dass er von der Zivilisation abgeschnitten ist. Es gibt keine Farcaster-Anbindung, die zeitverlustfreies Reisen ermöglichen würde. Wer sich auf den Weg nach Hyperion begibt, der lässt die Familie und das gesamte soziale Umfeld zurück, da diese altern, während man selbst im Kälteschlaf liegt. Diese Zeitschuld sorgt dafür, dass nur nach Hyperion reist, der dort wichtiges zu erledigen hat.

Dieser Umstand allein macht die Welt aber noch nicht zu etwas Besonderem, denn Randwelten gibt es viele. Aber nur auf Hyperion befinden sich die Zeitgräber, Relikte einer fernen Zukunft, die auf Grund einer physikalischen Anomalie rückwärts durch die Zeit reisen. Veränderungen im Anti-Entropiefeld, die die Zeitgräber umgeben, deuten daraufhin, dass sich die Gräber demnächst öffnen werden — sozusagen ihre Zielzeit erreichen und ihren temporal verschlossenen Inhalt preisgeben.

Was sich in den Gräbern befindet, lässt sich nicht sagen. Vielleicht das Shrike, ein mordlüsternes Wesen, welches im Umfeld der Zeitgräber sein Unwesen treibt und um das sich ein religiöser Kult gebildet hat? Noch scheint es durch die Anti-Entropiefelder gefesselt zu sein und einen eingeschränkten Aktionsradius zu besitzen — aber was, wenn dieser fällt?

Doch dies alles ist in Hyperion nur Staffage, denn das Buch ist die Geschichte der letzten Pilger des Kults des Shrikes. Pilgerreisen zu den Zeitgräbern waren, bis sich dort Anomalien bildeten, keine Seltenheit, auch wenn die meisten Pilger die Rückreise nie antraten und durch das Shrike den Tod fanden; wer aber vor das Monster tritt, der darf der Legende nach einen Wunsch äußern, der eventuell erfüllt wird. Doch seit Monaten wird jedes Gesuch auf eine Pilgerreise abgelehnt. Bis auf jene, die in “Hyperion” geschildert wird.

Sieben Pilger, die sich nicht kennen, machen sich auf den Weg. Ein Diplomat. Ein Tempelritter. Ein Gelehrter mit seiner kleinen Tochter. Ein Dichter. Ein Priester. Ein Soldat. Eine Privatdetektivin. Alle wurden vom Kult und der Regierung für diese Pilgerreise auserwählt und jeder von ihnen hat eine persönliche Verbindung zu Hyperion. Und genau diese Verstrickungen bilden den Inhalt des ersten Bandes.

Während der Reise zu den Zeitgräbern verbleiben Stunden, in denen die Pilger zum Nichtstun verdammt sind. Auf einem Baumschiff der Tempelritter, welches sie nach Hyperion bringen soll, beschließen sie, sich ihre Geschichten zu erzählen und losen die Reihenfolge aus. Der Rest des Buches besteht dann aus den Lebenserzählungen der Protagonisten, unterbrochen von kurzen Schilderungen, wie sie sich unaufhaltsam den Zeitgräbern und damit dem Shrike nähern.

Auch wenn es im ersten Moment nicht spannend klingt: Genau das ist es aber! Simmons überrascht mit einem Detailreichtum, der auf ein gigantisches und sehr gut ausgearbeitetes Universum schließen lässt. Überall gibt es Neues zu entdecken. Dies reicht von großen Raumschiffen wie den anscheinend lebenden Baumschiffen der Tempelritter, über Mythisches in Gestalt von Zeitgräbern und dem Shrike bis hinunter zu “Kleinigkeiten” in Technologien wie Farcaster-Portalen, die zeitverlustfreies Reisen ermöglichen und Häuser entstehen lassen, deren Räume sich über mehrere Welten erstrecken.

Aber auch dieser schimmernde Diamant der Imagination ist wenig im Vergleich zu der Perfektion, mit der Simmons seine Charaktere glaubhaft aufbaut und beschreibt. Die Lebensgeschichten sind spannend, traurig, nachvollziehbar, lustig, actiongeladen. Menschlich. Die Motivation einer jeden Pilgerreise wird ebenso offenbar wie die Details des Universums, die sich nach und nach zu einem schlüssigen Bild formen. Darüber hinaus gibt sich Simmons als Autor alle Mühe und wechselt den Erzählstil von Charakter zu Charakter. Der Priester erzählt bildlich, während der Soldat kurz und knapp bleibt. Der Dichter setzt sein Leben in epischer Breite in Szene und würzt die Highlights mit Lyrik. Der Gelehrte erzählt im unaufgeregten Tonfall eines Akademikers die herzzerreißende Geschichte seiner Tochter Rachel. Und dem Konsul umgibt ein großes Geheimnisses.

Diese Schilderungen sind es, die nachvollziehbar machen, warum Stephan King Dan Simmons um seine Schreibe beneidet. Auch in der Übersetzung überzeugen Stil, Bildgewalt, Erzählung und Spannung. Hyperion ist ein geheimnisvoller Sog, der den Leser ebenso in seinen Bann zieht wie die Pilger, die sich dem Ungewissen entgegen stellen und alle ihr Kreuz oder ihre Kruziform zu tragen haben.

Zusammenfassend ist Hyperion schlicht ein Highlight der erzählenden Science Fiction, das zu lesen viel Freude bereitet. Es ist der futuristische Gegenentwurf zu George R. R. Martins A Song of Ice and Fire, welches derzeit in der HBO-Verfilmung ungeahnte Erfolge feiert. Auch Hyperion hätte diese Aufmerksamkeit verdient — auch, weil die visuelle Gewalt des Werkes überwältigend sein muss, wenn eine annähernd adäquate Umsetzung angestrebt werden sollte.

Hyperion ist als Doppelband zusammen mit Der Sturz von Hyperion unter dem Titel Die Hyperion-Gesänge im Heyne-Verlag erschienen und im Handel erhältlich. Eine frühere Ausgabe als Einzelband ist antiquarisch erhältlich.

Feels Like Vacation…

Einige faule aber unglaublich entspannte Tage in Hamburg, ein neues Kartenspiel (Review folgt), viel Sport, Freunde und gutes Essen. Dazu kaum Internet, weil ich viel unterwegs bin und darüber hinaus mein Smartphone-Ladekabel in Hamburg hab liegen lassen, so dass mobiles Internet mangels Auflademöglichkeit zu Hause bleibt. Genial. Fühlt sich echt wie Urlaub an. Und nicht sauer sein, falls ich mich derzeit rar machen sollte — ich komme einfach nicht hinterher, wenn ich nicht ständig online bin.

Ist vielleicht auch nicht das Schlechteste, die Nachrichten in dieser düsteren Zeit (ESM, LSR, EM) mal nicht genau zu verfolgen. Die “Zwangs-“abgeschiedenheit zum Netz hat auch ihre Vorteile. Ich komme zur Ruhe, fühle mich nicht gehetzt oder gestresst, atme durch und schaffe doch was. Leben kann auch schon sein, wenn man sich nicht auf jede Schattenseite des Daseins stürzt. Oder, um es lyrischer auszudrücken: “Ignorance is bliss”…

Ganz soweit werde ich es nicht kommen lassen, aber ich kündige hiermit an, dass diese Woche nichts politisches und kein Gemaule über aktuelle Entwicklungen hier zu lesen sein werden. Weil sich meine Ideen für Blogeinträge stapeln und ich die abarbeiten will. Weil meine Masterarbeit auf mich wartet und schneller geschrieben ist, wenn ich mich nicht über raffgierige oder unfähige Politiker und durch GEMAs Gnaden ernannte Künstler aufrege. Dafür wird es Rezensionen, Bildergalerien und anderes schönes Zeugs geben. Ist doch auch was.

Apropos Sport: Ältere Leser meines Blogs erinnern sich sicher an meinen “Sporttag” am Mittwoch, an dem ich die auf meinem Heimtrainer zurückgelegten Kilometer angegeben habe. Dieses “Hobby” habe ich wegen mangelnder Abwechslung wieder eingestellt, weswegen auch die “Sporttag”-Posts verschwanden. Allerdings habe ich mit dem Sport nicht aufgehört, sondern mich ins Fitnesstudio verlegt, wo ich jetzt mehrmals die Woche schwitze.

Netiquette Und Leistungsschutz

Wenn ihr einen logischen Fehler in der Überschrift seht, dann solltet ihr euch keine Sorgen machen, denn genau diesen Widerspruch möchte ich hier thematisieren. Grund: Ich denk seit Tagen darüber nach und muss das Ergebnis öffentlich konservieren.

Wie ihr sicherlich wisst bin ich nicht gerade ein Fan vom geplanten Leistungsschutzrecht.  Wer, außer Verleger, ist das schon, wenn künftig alles und jeder nach belieben abgemahnt werden kann, weil schon “kleinste Übernahmen” abmahnfähig werden? Ich frage mich nicht, ob sich jemand beim verfassen dieses Gesetzes Gedanken gemacht macht — das wird nämlich wahrscheinlich nicht der Fall gewesen sein, denn sonst hätte jemanden auffallen können, dass auch Dinge wie “wie sich gestern zeigte” oder “und deshalb sollte” oder “weil dies” schon kleinste Teile eines Textes sind. Abmahnungen könnten also gerechtfertigt sein, wenn diese Kombinationen in anderen Texten auftauchen. Klingt bescheuert, ist aber so. Also, ich als Verlager würde sicherstellen, dass mein Exemplar der Zeitung am Tag der Gesetzeseinführung schon genau Punkt Mitternacht ausgeliefert wird und dann alle Konkurrenten, die “kleinste Teile” übernommen haben, abmahnen. Wenn sie weitermachen wollen, müssen sie sich für das folgende Jahr dann jeden Scheiß lizenzieren lassen und der mein eigener Verlag hätte mit den Einnahmen auf ewig ausgesorgt.

Falls ein Verleger dies lesen sollte: Ich hatte die Idee zuerst (siehe Datum und Uhrzeit dieses Post) und verlange natürlich fett Tantiemen oder verklage Euch wegen Urheberrechtsverletzung und Ideenklau, wenn ihr nicht zahlen wollt!

Nachdem mein Einkommen also gesichert sein sollte, kommen wir zum eigentlichem Thema das Beitrages. Das Leistungsschutzrecht ist widersinnig, dafür braucht es nicht einmal lange Absätze wie den vorangegangenen, um das zu belegen. Darüber hinaus lässt es sich — im Sinne Stallmans — als asozial brandmarken. Eine Erklärung.

Liebe Verlage, denkt ihr allen ernstes, wir Blogger und Social-Network-Wesen verlinken auf euch, weil ihr die Größten und einzig Wahren seid? Pustekuchen. Wir verlinken auf euch, weil wir ein wenig Anstand haben und den Ursprung der Nachricht nennen. Ich weiß, dieses Konzept ist euch fremd und denke dabei an die Gutti-Namenspanne, bei der ihr Reihenweise von Wikipedia abgeschrieben habt ohne die Quelle zu nennen! Im Sinne der Nachprüfbarkeit hat es sich aber sowohl in der Wissenschaft (teilweise) und im Netzverkehr (immer öfter) durchgesetzt, die Seite zu nennen, von der teilenswerte Informationen entliehen wurden.

Da dieses Prinzip euch augenscheinlich fremd ist (erneut der Bezug auf Wikipedia — ihr werdet es einfach nicht mehr los!), wollt ihr es jetzt allen anderen verbieten, damit ihr euch nicht mehr dafür schämen müsst, es anders zu machen. Geht es euch im Endeffekt also gar nicht ums Geld, sondern wollt irh damit eure Sichtweise von Zitation verbreiten? Merkt ihr eigentlich, dass ihr euch damit lächerlich macht?

Quellenangaben sind gut, richtig und wichtig. Das haben schon viele ermogelte Doktoren und Doktorinnen feststellen müssen. Auch Journalisten sollten ihre Argumentation auf guter Quellenbasis aufbauen. Im Netz, wo jede beliebige Information nur einen Mausklick entfernt und demokratisch (also für alle) verfügbar ist, hat es sich durchgesetzt, den Ursprung zu verlinken und nicht Google damit zu belästigen. Wieso brecht ihr also mit juristischer Gewalt dieses Konsens auf? Wollt ihr, dass das Netz aufhört auf euch zu referieren und euch in Zukunft einfach ohne Quellenangabe paraphrasiert? Das ließe sich einrichten und zwar auch in Ausformungen, denen ihr nicht mir Urheberrechtsklagen begegnen könnt. Sollte dies aber geschehen, dann seid ihr raus. Raus aus der netzöffentlichen Wahrnehmung und damit aus den Köpfen vieler, vieler Menschen. Auch eure Druckerzeugnisse, die ich als Abo beziehe, stehen derzeit alle auf dem Prüfstand und werden gekündigt, sobald ich mich nicht mehr an den Inhalt erinnern darf. Papier um des Papieres Willen brauch ich nicht. Und bezahlen will ich dafür erst recht nicht.

Ihr brecht hier mit einem zutiefst menschlichen Verhalten: Nämlich dem Teilen von Informationen! Dies zu unterbinden und dabei die ohnehin schon dünne gesellschaftliche Solidarität weiter zu untergraben ist schlicht und ergreifend asozial. Es ist das informationspolitische Äquivalent zur proprietären Software. Liegt es also an uns neben der Free Software Foundation noch die Free Information Foundation zu gründen?

St. Pauli, Deine Park Fiction

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Fotorundreise. Diesmal führt es uns erneut in mein geliebtes Hamburg, genauer gesagt nach St. Pauli. Aber nicht nur mit dem Ort betreten wir Neuland sondern auch mit der Art der Straßenkunst, die wir heute betrachten. Nein, St. Pauli sind nicht die Graffitis ausgegangen; bei Weitem nicht und da kommen auch noch mindestens zwei Posts. Das kann ich euch schon jetzt versprechen.

Park Fiction ist das entsprechende Zauberwort, um das sich heute alles drehen wird. Gelegen am Elbhang mit bestem Blick auf den Hafen sollte die kleine Grünanlange anno dazumal planiert und durch ein pflegeleichtes Stahlbetongebäude ersetzt werden. Aber Pauli wäre nicht Pauli ohne seine Bewohner. Ach, was rede ich hier groß rum, lasst doch die Leute selbst erklären, was los war:

Sympathisch, oder? Mir hat die Ansprache zumindest so gut gefallen, dass ich beschloss die ganze Anlage zu fotografieren. In diesem Post wird erst mal nur die Außengestaltung zu sehen sein, weil wir recht spät dort und die Tore zum wirklich kleinen Park schon geschlossen waren.

Bei diesem Bild fällt mir ein, dass ich vergaß etwas zu erwähnen: Einer der Träger scheint die St. Pauli Kirche zu sein, von der wir später — also in einem anderem Post — noch mehr zu sehen bekommen. Der Park liegt jedenfalls auch unmittelbar auf kirchlichem Gelände, wenn ich das richtig gesehen und in Erinnerung habe.

Die Fragmentierung sowie die unterschiedlichen Stile, die sich vor dieser preußischen Backsteinwand versammeln, erinnern mich an ein friedliches Miteinander, welches ich mir auch für unsere Gesellschaft wünschen würde. Oder anders ausgedrückt: Obwohl ich es nicht im ästhetischen Sinne als schön empfinde, spricht es mich doch auf eine Weise an, die etwas in mir zum Klingen bringt, das ich dann wiederum als schön wahrnehme.

Ihr merkt, an mir ist kein Kunstkritiker verloren gegangen…

Da sage nochmal einer, in Pauli tümmeln sich nur ungebildete Seemänner und vergnügungssüchtige Touris. Hand auf’s Herz: Wer weiß aus dem Stand wer Walter Benjamin und für was er bekannt ist?

Die Retter des Parks sind natürlich auch an ihrem Werk veröffentlicht. Recht so. Anerkennung, wem Anerkennung gebührt!

Ganz ohne Graffiti geht es dann doch nicht. Zwei Stück sind dabei sogar direkter Teil der äußeren Parkanlage und markieren die Eingänge, wenn ich es richtig interpretiert habe. Wir waren eigentlich nur auf der Durchreise, als wir dieses Kleinod entdeckten, weswegen nur schnell die Fotos, aber nicht eine lückenlose Gedächtnisskizze angefertigt werden könnten.

Ich weiß nicht, ob es das Zeichen der Pauli Kirche ist (und ich habe auch gerade keine Lust zum Googlen), aber die stilisierte Kombination Anker-Herz-Kreuz lässt sich in Hafennähe öfter finden. Ich will es im Moment nicht beschwören, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir diese Kombination noch öfter zu sehen bekommen werden.

Eine kleine Besonderheit am Abschluss. Gegenüber der Parkanlage liegt ein “kleiner” Park, der nur für Hunde und ihr Geschäft eingerichtet ist. Diese netten Warnschilder weisen dezent auf ihn hin.

Ich sollte ebenfalls noch erwähnen, dass ich durch Zufall auf die Website des Parks gestoßen bin. Wer sich darüber wundert: Der Park ist Manifestation einer solidarischen Bürgerbewegung, die ihrerseits zwingend im Internet vertreten sein sollte. Denn leider gibt es von der gelebten Solidarität in unserer Gesellschaft immer weniger, auch wenn die Lippenbekenntnisse eher zunehmen…

Bis zur nächsten Rundreise.

Von Falken Und Wie Sie in Flammen Aufgehen…

Ich diskutiere mal wieder fleißig mit bei diesem Post des Schockwellenreiters Jörg Kantel. Und weil mich die Sache so mordsmäßig aufregt, gebe ich auch hier mal meinen Senf dazu.

Der Sachstand:

Im letzten Jahr ging das Anton-Schmaus-Haus der Falken in Berlin-Britz gleich zweimal in Flammen auf. Die Anschläge scheinen wohl durch Neonazis begangen wurden zu sein, worauf nicht nur das Anschlagsdatum 9. November hindeutet. So ist das halt mit den rechten Volldeppen: Gehen ihnen ihre nicht vorhandenen “Argumente” aus, holen sie die Keulen raus und dreschen auf alles ein, was ihnen “fremd” vorkommt. Da ihr Weltbild aber nur von der Wand zur Tapete reicht, hauen sie halt blind um sich und setzen dabei auch gerne mal Menschenleben auf’s Spiel. Bisher also nichts wirklich neues, außer dass ein Brandanschlag eher einen versuchten Totschlag als eine politische Meinungsbekundung darstellt. Was der Sache zusätzliche Brisanz stiftet ist die Reaktion der Generali, bei der die Falken versichert waren. Ja, waren, denn die Versicherung hat den Falken gekündigt, weil ein “unkalkulierbares Risiko weiterer ähnlicher Schäden” bestehe. Mit anderen Worten: Den nächsten Schaden durch Brandstiftung darf die Jugendorganisation künftig selber tragen.

Und jetzt meine 2 Pfund Senf dazu:

Ich kann mich noch an Zeiten erinnern als ein “Aufstand der Anständigen” als Reaktion auf rechte Gewaltverbrechen gefordert wurde. Dies war eine politische Forderung, was nichts anderes bedeutet, als dass viele schöne Worte gesprochen wurden und ein wenig Geld in sinnlose, aber der Wiederwahl dienliche Initiativen geflossen ist.

Die Falken dagegen haben eine lange, antifaschistische Tradition. Die Aufklärung, die sie betreiben, “nötigt” rechte Gehirnamputierte regelrecht zur Meinungsäußerung, die nicht selten einfach mit stumpfer Gewalt artikuliert wird. Das Ziel dieser Taktik ist klar: Der politische Gegner soll durch Einschüchterung mundtot gemacht werden, damit die blöden Nazis weiterhin einen auf “nette Jungs von nebenan” machen können. Ich nenne es schlicht Terror.

Und diesem Terror stellen sich die Falken entgegen. Betreiben Aufklärung. Bieten Angebote für Jugendliche an. Sie setzten sich für andere ein und geben jene eine Stimme, deren Mut im Angesicht der Gewalt schwand. Und dabei setzen sie sich selbst einen nicht gerade geringen Risiko aus, denn ein Brandanschlag kann durchaus tödliche Folgen haben. In diesem Fall ist gottseidank niemand zu Schaden gekommen, vom ersetzbaren Material abgesehen.

Tja, und auf dem Sachschaden, den die Reichstrottel da angerichtet haben, sollen die Falken nun auch noch sitzen bleiben, weil die Versicherung ihren Versicherten kündigt. Da es sich im vorliegenden Fall eindeutig um mutwillige Sachbeschädigung handelt, legt die Versicherung erstmal das Geld aus, bis die Täter ermittelt wurden. Sind diese aber erstmal bekannt, können sie für den von ihnen verursachten Schaden zur Rechenschaft gezogen werden — mit anderen Worten: Die Versicherung fordert von ihnen das ausgelegte Geld zurück.

Die Generali scheint nun aber kein besonderes Vertrauen in die Aufklärungsarbeit unseres Staates zu haben. Zumindest nicht, was rechtsextrem motivierte Straftaten angeht. Unter uns: Im Anbetracht der NSU-Morde und die Ignoranz von Seiten der Behörden kann ich diese Haltung sogar ein wenig verstehen. Aber anstatt von der Staatsgewalt lückenlose Aufklärung zu fordern, was IMHO die logische Konsequenz auf eine auf dem rechten Auge blinde Polizei wäre, entlässt sie ihre Versicherten, die bisher brav ihre Beiträge gezahlt haben. Dies mag zwar legal sein, weil jede Versicherungen Klauseln in ihren Vertragen hat, die sie zur Kündigung berechtigen, falls sie tatsächlich mal Geld zahlen anstatt erhalten müssen; aber andererseits verpflichtet Eigentum laut Grundgesetz auch. Und darüber hinaus dürfte die Generali auch ihre Versicherten behalten, obwohl sie eine Wir-müssen-zahlen-und-deshalb-werfen-wir-euch-raus-Klausel in ihren Verträgen hat. Es wäre ein politisches Statement, wenn sie sich im Kampf gegen Rechts engagieren und den Falken zur Seite stehen würden. Aber mit dieser Art Engagement scheint diese Versicherung zumindest nichts am Hut zu haben.

Das Signal, welches die Versicherung damit sendet, könnte nicht eindeutiger sein: “Hört auf, euch zu engagieren, denn die Gefahren sind nicht bezahlbar!” Hallo, geht’s noch? Nicht die Falken sind hier das Problem, sondern die Volldeppen in kotzbrauner Gesinnung! Sich derart von aufgeklärten Jugendorganisationen zu distanzieren, wie die Generali es in diesem Fall tut, öffnet braunen Rattenfängern doch Tür und Tor, weil es beweist, dass ihre Einschüchterungstaktiken wieder funktionieren. Vor islamischen Terroristen würden wir niemals kuschen, dass wüssten schon unser CSU-Innenpudel und die BILD zu verhindern. Aber beim hausgemachten Terror geben wird nach, lassen es durchgehen und geben den Kleinkindern auch noch den Lollie als Belohnung? Verlassen mich gerade alle Geschichtskenntnisse und sind wir das in den 70zigern bei der RAF ähnlich angegangen? Ich glaube kaum.

Das gesellschaftliche Signal, welches die Generali hier sendet, könnte falscher nicht sein und gehört öffentlich angeprangert. Was ich hiermit getan habe.

Ich Muss Das Einfach Mal Testen!

Vielleicht erinnert sich noch jemand daran, dass ich, als ich auf Blogger anfing, gefragt habe, ob jemand eine gute App zum Bloggen kennt. Eine App, die nicht nebenbei und ohne Nutzung den gesamten Akku leer luscht. Damals habe ich einen Haufen WordPress-Apps gefunden, aber keinen Ersatz für die Google-App.

Eineinhalb Monate später: Ich wechsel und finde keine WP App, weil ich zu blöd zum lesen war. Egal. Jetzt habe ich eine und natürlich muss ich sofort ausprobieren, ob ich offline einen minimal formatierten Post schreiben und hochladen kann, wenn ich wieder Netz habe. Diese Funktion könnte nützlich werden, wenn ich mal wieder längere Bahnfahrten erdulden muss, mich aber gleichzeitig ein guter Blogpostgedanke quält.

Lange Rede, kurzer Sinn: Betrachtet dies als Probe der neuen App. :)

Altona, Deine Straßenkunst (2)

Willkommen zum zweiten Teil der kleinen Fotorundreise durch das schöne Altona. Ohne lange Vorrede fangen wir auch gleich mit der ersten Wand und diesen beiden liebenswerten Damen an.

Wie immer gibt es auch eine detaillierte Ansicht.

Die nächste Bildreihe belegt, dass nicht immer aufwendige Grafiken erstellt werden müssen um einen interessanten Effekt zu erzeugen. Schon in einem kleinen Cafe am Schulterblatt ist mir aufgefallen, dass einige Hamburger wohl gefallen an Wänden haben, die nicht (mehr) durchgängig verputzt sind. Was macht nun also der gewiefte Hanseat, wenn seine Außenwand keinen Putz hat oder unter dem Putz kein Backstein zum Vorschein kommen würde? Richtig, es wird zur Sprühdose gegriffen.

Fenster lassen sich kaum beim Fotografieren umgehen, wenn die Lieblingsmotive bunte Hauswände sind. Gelegentlich lasst sich aber die Reflexion im Fenster für eine schöne Illusion nutzen. Was ist Wand, was ist Spiegelbild?

Während Robben die Tiere der diesjährigen EM sind, die wohl keine Tore mehr schießen, existieren Phantasietiere nur in eben dieser — oder an Hauswänden, wo sie sich teils beharrlich weigern, als irgendwas erkannt zu werden.

Ändere Häuser sind von ihren Zeichnungen derart angenommen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes zerfließen.

Das Bild, mit dem ich heute schließen möchte, könnte einen historischen Hintergrund haben, muss es aber nicht. Der Stil erinnert mich aber an ein Kunstwerk, welches ich einen Tag zuvor in St. Georg sah und das mit eine Gedenktafel versehen war. Ob dieses Bild auf etwas referiert, darüber kann ich nur spekulieren. Vielleicht weiß jemand da draußen mehr als ich.

Damit bin ich dann auch schon durch Altona durch. Zumindest durch den Teil, den ich in Fotos festgehalten habe. Ich bin mir sicher, es gibt noch viel mehr dort zu entdecken. Aber bevor es dazu kommt wird uns der nächste Ausflug erstmal nach St. Pauli tragen. Und dort habe ich mit Abstand nicht alles festgehalten, was der Konservierung würdig wäre!