Wir leben in einer männlich dominierten Gesellschaft und sind es uns meistens nicht einmal bewusst. Wenn wir selber Angehöriger des privilegierten Teils sind fällt es uns schwer, die Diskriminierung als solche überhaupt wahrzunehmen: Die verantwortlichen Prozesse wirken zumeist auf subtile Art, weswegen sie oftmals nicht nur schwer zu erkennen sondern auch schwer zu benennen sind. Erklärungskonstrukte, die auf gesellschaftliches Fehlverhalten hinweisen und es analysieren möchten, werden auf Grund ihres konstruierten Charakters als lächerlich abgewiesen. Sollte sich die Diskussion damit nicht abwürgen lassen, geht es ins persönliche: “Es sind ja nur die hässlichen Weiber, die den Emanzenquatsch wieder aufwärmen.” Als wenn Schönheit irgendeine Relevanz für Diskussionsverhalten und argumentative Fähigkeiten hätte. Ein Blick in den Kommentarbereich von Spiegel Online reicht, um diese und ähnliche Aussagen in ausreichender Stückzahl zu finden. Die männliche Dominanz rottet sich gerne zusammen, um sich selbst zu verteidigen.
Aktuell ist das Thema groß in den Medien: Vergewaltigungen in Indien und ausgefüllte Dirndl in Deutschland. Schnell kommt aus männlicher Richtung der Vorwurf, der lokale #aufschrei wäre ein Luxusproblem der hiesigen Damen. Im Vergleich zu Indien brauchen sie sich doch gar nicht beschweren. Argumentationsmuster dieser Art zeigen deutlich, wie wenig Empathie auf männlicher Seite für das Anliegen des anderen Geschlechts vorhanden ist.
Andere Gruppen ((und damit meine ich die Piraten!)) versuchen die Diskussion zu umschiffen, indem sie die Gegenwart verklären. “Geschlecht ist doch voll 80ziger und wir sind doch alle so post-gender.” Klar, deswegen sind Spitzenpositionen überproportinonal männlich besetzt und deswegen verdienen Frauen im Schnitt auch weniger als ihre Kollegen. Alles, weil wir alle so toll gleichberechtigt sind.
Wir sind alle keine Heilige und der Großteil wird es auch nie werden. Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir uns einen Scheiß um unsere Mitmenschen kümmern müssen? Aus diesem Grund versucht dieses Blog eine geschlechtssensible Sprache zu verwenden. Ich nutze die “*innen” Form zum gendern, weil ich es schön finde. Aber ich gender nicht immer. Oftmals vergesse ich es schlichtweg. Man könnte mich dafür kritisieren, aber auch ich bin in der Welt verfangen, die mich umgibt. Ich versuche es wenigstens. Und je öfter ich es mache, desto selbstverständlicher wird es für mich. Je selbstverständlicher es für mich wird, desto weniger werde ich es vergessen.
Also, liebe Leser*innen, es ist alles eine Frage der Übung. Auch das lesen fällt mit der Zeit leichter, wenn man daran gewöhnt ist.